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Corona positv arbeiten

Kein Covid positives Arbeiten!

Es ist noch keine zwei Wochen her, dass der Streik der Pflegenden in Nordrhein-Westfalen (NRW) beigelegt wurde. Nun sollen im benachbarten Hessen Covid positive Pflegekräfte arbeiten gehen. 

Dass in der Pflegebranche ein massiver Notstand herrscht, ist nicht erst seit gestern bekannt. Seit Beginn der Corona-Pandemie dürfte diese Krise jedoch niemandem mehr unbekannt sein. Dennoch scheint das Wegschauen von Medien, Gesellschaft und besonders der Politik noch immer der Weg der Wahl zu sein. Auf Grund der vielen krankheitsbedingt ausgefallenen Pflegekräfte ist die Gesundheitsversorgung im Universitätsklinikum Gießen-Marburg (UKGM) momentan anscheinend nicht mehr gewährleistet. 

Das UKGM entschied sich deshalb am 27. Juli für den Einsatz von Pflegenden, die positiv auf Corona getestet wurden. Dies geht aus einem, aus unserer Sicht skandalösen, Schreiben an die MitarbeiterInnen hervor, von dem die Gießener Allgemeine Zeitung als erste berichtete. Die Entscheidung obliege dabei den Pflegenden, ob sie weiterhin arbeiten, so heißt es.

Dass der Druck weiterzuarbeiten verstärkt wird, liegt auf der Hand. Einerseits von außen, andererseits aber auch von jedem selbst, weil niemand seine KollegInnen im Stich lassen möchte. 

Ins gleiche Horn bläst der Vorstandsvorsitzende des UKSH in Schleswig-Holstein, Herr Jens Scholz: ”Wir müssen zu viele Mitarbeitende in Quarantäne schicken, die zwar einen positiven Test haben, sich aber gut fühlen, nicht mehr infektiös sind und eigentlich arbeiten gehen könnten. Dies gefährdet die Versorgung unserer Patienten, zum Beispiel bei Herzinfarkt, Schlaganfall oder Krebs.“

Dabei vergessen wird, dass die Versorgung der PatientInnen nicht durch arbeitsunwillige Pflegekräfte, sondern durch ein jahrzehntelanges Versagen der Bundesregierung in der Gesundheitspolitik nicht mehr gewährleistet ist.

Eine große Gefahr für die besonders vulnerablen PatientInnen, aber auch für die Pflegenden selbst, denn auch sie bleiben vor Long-Covid Symptomen und schweren Verläufen nicht verschont. Andreas Gonschorek, Chefarzt im BG Klinikum Hamburg und dort für die Long-Covid Versorgung zuständig, schätzt die Zahl der Personen aus dem Gesundheitswesen, die deshalb Unterstützung benötigen, auf 5000. 

Die WHO gab im Oktober 2021 die Zahl der an Covid verstorbenen Pflegekräfte mit weltweit 115.000 an. Deprimierende Zahlen, insbesondere wenn das Recht der Pflegenden auf körperliche Unversehrtheit hinten ansteht und die Ausbeutung ihrer Arbeit weiter verstärkt wird.

Es braucht daher ein klares Nein gegen Notfallmaßnahmen wie den Einsatz von Covid positiven Pflegekräften. 

Die einzig möglichen kurzfristigen Maßnahmen, wenn es nicht genügend Personal gibt, sind das Sperren von Betten und Stationen. Langfristig muss überlegt werden, ob alle Interventionen immer zwangsläufig und in dieser Häufigkeit in einem Krankenhaus zu geschehen haben. 

Hier verweisen wir als Pflegegewerkschaft auf die Remonstrationspflicht, die jedem Angestellten obliegt. Niemand muss Anweisungen befolgen, durch deren Ausführung man selbst oder die uns Anvertrauten in Gefahr gebracht werden. Unsere Gewerkschaftsmitglieder können sich durch die durch uns abgeschlossene Arbeitsrechtsschutzversicherung beraten und vertreten lassen.

Wer infiziert ist, sollte sich krank schreiben lassen und solange zuhause bleiben, bis die alte Leistungsfähigkeit wieder erreicht ist. Nur so werden alle geschützt.

Es steht fest: Ohne Personal keine Versorgung. Dass Züge nicht fahren, wenn es keine Lokführer gibt, ist jedem klar, nun muss deutlich werden, dass PatientInnen nicht versorgt werden können, wenn es keine Pflegekräfte gibt. 

Ein gemeinsames Vorgehen aller Pflegekräfte ist unumgänglich. Dafür braucht es eine gute gewerkschaftliche Organisation und die Unterstützung von Protesten seitens der Medien und der Bevölkerung. 

Der BochumerBund arbeitet deshalb seit 2020 als Gewerkschaft nur für Pflegende in Deutschland daran, Probleme aufzuzeigen und für Verbesserungen zu kämpfen. Um diese Ziele zu erreichen, ist es jedoch wichtig, dass sich möglichst viele Pflegende zusammenschließen und eine breite gesellschaftliche Unterstützung gesichert ist.

Streik in NRW beigelegt. Ein Schritt Richtung Wandel?

Nach 11 Wochen Arbeitskampf ist diesen Dienstag (19.07.22) der Streik an den Universitätskliniken in Nordrhein-Westfalen (NRW) beigelegt worden.

Fast drei Monate haben Beschäftigte aus den 6 Krankenhäusern in Aachen, Bonn, Köln, Düsseldorf, Essen und Münster gestreikt. Eine unfassbare Dauer für die Arbeitsniederlegung im Gesundheitswesen. Viel Beachtung hat der Protest in den Medien dennoch nicht bekommen. Warum so wenige Medien so wenig und erst so spät berichteten, ist den meisten Beteiligten unklar. Klar ist jedoch, dass der Druck, den die Streikenden auf ihre Arbeitgeber ausgeübt haben, enorm war. Mehr als 10.000 Operationen mussten laut Berichten des Bonner Generalanzeigers verschoben werden. Eine Notfallbesetzung wurde dauerhaft gewährleistet. Ein Glück für Klinikbetreibende und Bevölkerung, dass die Pflegenden so umsichtig und verantwortungsbewusst handeln. Die Befürchtung lag jedoch nahe, dass die Schlagkraft des Streiks dadurch geschmälert werden würde. Hat der Druck dennoch ausgereicht, um entscheidende Verbesserungen für die ausblutende Berufsgruppe zu erwirken? Haben die Pflegekräfte Ihr Ziel erreicht?
Fazit: Der geforderte zusätzliche Tarifvertrag mit dem Titel “Entlastung“ wird kommen. Einige Zugeständnisse wurden gemacht. Allerdings wurde um jede Nachkommastelle einer Sollbesetzung hart gefeilscht. Dieses Feilschen in der Personalbemessung macht den Unwillen der Politik besonders deutlich, die Pflege zu stärken. Auch wurde nicht der Schweregrad der PatientInnen als Maßstab angesetzt sondern die Anzahl der belegten Betten. Auch hier wird wieder deutlich, dass es nur um Mengenverwaltung geht und nicht um die beste Patientenversorgung. 

War es überhaupt ein Pflegestreik oder doch wieder ein Streik der Belegschaft, der unter dem Titel Pflegestreik geführt wurde? Denn auch für Angestellte aus Transport, IT oder den klinikinternen KiTas wird es Verbesserungen geben. Das ist ja an sich nichts Schlechtes, hat aber dann nichts mit einem Pflegestreik oder angestrebten Verbesserungen der Arbeitsbedingungen der Pflegefachpersonen zu tun.

Die zentralen Verbesserungen für die Pflege werden von der Uniklinik Münster mit „besseren Personalschlüsseln, Belastungsausgleich durch freie Tage oder finanzieller Ausgleich, Entlastungstage bei Unterschreiten des Personalschlüssels und mehr persönliche Anleitung der Auszubildenden“ beschrieben. Dies deckt sich weitgehend mit den bescheidenen Forderungen der Streikenden. Allerdings soll all das erst Anfang 2023 kommen. 

Aus Sicht des BochumerBund bedeutet dies, dass die Pflegefachpersonen erst einmal weiter überlastet werden und dann gegen Ende 2023 vielleicht zusätzliche freie Tage bekommen werden. Aber auch diese freien Tage werden wegen des Personalmangels in der Pflege kaum umgesetzt werden können.

Angesichts der laufenden Urlaubssaison und der allseits präsenten, massiven Krankheitsausfälle können sich die Arbeitgeber und Finanziers sicher glücklich schätzen, dass der Streik nun beigelegt wurde und der Normalbetrieb der Krankenhäuser nach und nach wieder aufgenommen werden kann. Leider haben die Pflegefachpersonen aus unserer Sicht kaum etwas gewonnen. Enttäuschend ist außerdem, dass die Landesregierung bereits zu Beginn des Streiks den Austritt der Unikliniken aus dem Arbeitgeberverband des Landes (Adl NRW) herbeigeführt hat. Die marginalen Verbesserungen werden daher nicht alle Krankenhäuser des Landes betreffen, sondern lediglich die Unikliniken.

Es wird insgesamt wieder einmal deutlich, wie sich die Politik mit allen verfügbaren Mitteln gegen Verbesserungen in der Pflege stellt und unterstreicht so selbst die dringende Notwendigkeit von radikalen Arbeitskampfmaßnahmen. Für uns Pflegende kann das nur eine noch stärkere Vernetzung, Zusammenarbeit und Kompromisslosigkeit im Arbeitskampf bedeuten. 

Den Streikenden an den Unikliniken muss ein großes Lob ausgesprochen werden. Den Streik trotz derart mangelhafter Medienpräsenz fortzusetzen, war ein äußerst gutes Zeichen. Allerdings sieht es so aus, als wäre das Entgegenkommen der Arbeitgeber nur als Trostpflaster gedacht und damit eine schnelle Einigung herbeigeführt wird.

Dieser Streik hat uns gezeigt, dass es eine Pflegegewerkschaft braucht, die diesen Namen verdient. Pflege hat Kraft. Pflege kann sich durchsetzen. Mit den Forderungen des BochumerBund nach mindestens 4000€ Einstiegsgehalt plus Zuschläge und Inflationsausgleich ist mehr möglich. Ein höheres Gehalt würde die Pflege nachhaltig stärken und mehr Menschen in den Beruf locken.

Nur wenn alle Pflegenden in einer Gewerkschaft vereint sind, kommt die Politik nicht mehr an uns vorbei.

Wie die Azubis in der Pflege schon vor dem Examen verheizt werden

Die desaströse Situation in der Pflege in Deutschland, die sich mit der Corona-Pandemie massiv verschärft hat, greift immer weiter um sich. Seit Jahren schleift es sich ein, dass Gesundheits- und KrankenpflegeschülerInnen immer mehr Aufgaben von examinierten Kräften übernehmen, ohne dabei angeleitet zu werden. Dieser Trend nimmt nun immer drastischere Formen an. 

Vor sieben Jahren, im Jahr 2015, wurde die Qualität der Krankenpflegeausbildung großflächig erhoben. 3400 Auszubildende wurden dazu befragt. Schon damals bewerteten 42% der Auszubildenden im “Ausbildungsreport-Pflege” ihre Anleitung als nicht gut. 60,1% gaben außerdem an, dass die PraxisanleiterInnen nicht genügend Zeit für die Anleitung hätten. Lediglich ein Zehntel der Auszubildenden gaben an, dass es genügend PraxisanleiterInnen gäbe. Leider wurde eine so umfangreiche Studie seitdem nicht wiederholt. Kürzlich veröffentlichte Berichte über die Situation, in der nun generalisierten Pflegeausbildung, lassen jedoch Böses ahnen. 
Im Januar 2021, als die Infektionszahlen wieder besonders hoch waren, kamen vom damaligen Gesundheitsminister Jens Spahn und der ehemaligen Familienministerin Franziska Giffey der Vorschlag, praktische Ausbildungsabschnitte durch die Verpflichtung für Azubis die Corona-Testungen in Pflegeeinrichtungen zu übernehmen, zu ersetzen. Statt Anleitung für den Beruf und praktisches Lernen würde dies für viele Auszubildende bedeuten, wochenlang ausschließlich Corona-Tests durchzuführen. Der Vorschlag wurde nicht nur vom DBfK und den Gewerkschaften, sondern auch vom Deutschen Pflegerat entschieden abgelehnt, wie Thieme-Online berichtete. Es wäre ein Leichtes gewesen, hierfür mit einer entsprechenden Bezahlung Studierende oder sogar unausgebildete Kräfte anzuwerben und ihnen lediglich die Testung umfassend beizubringen. Stattdessen sollte einmal mehr an der Qualität der Pflegeausbildung gespart werden.

Aktuell bestätigt sich der Trend, die fehlenden Pflegefachpersonen durch Auszubildende und Studierende zu ersetzen. Im stark Corona-betroffenen Mecklenburg-Vorpommern wird der Semesterstart für Medizinstudierende in Greifswald und Rostock nun verschoben und Auszubildenden in der Pflege werden vom Unterricht befreit, damit sie die Lücken schließen können, die in den Teams auf Stationen und in Pflegeheimen bereits entstanden sind, wie das Ärzteblatt letzte Woche berichtete. Studierende der Pflegewissenschaft sollen die Krankenhäuser gar auf “freiwilliger Basis” unterstützen.
Bei diesem unbeholfenen Vorgehen der dortigen Landesregierung von einer kurzsichtigen Strategie zu reden, trifft nicht den Kern der Sache. Das systematische Nicht-Handeln der Regierungen, bezüglich der Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Pflege provozierte diese Notlage.
Bereits lange vor der Pandemie legten zahlreiche Studien den bestehenden Pflegenotstand offen und unterbreiteten Handlungsvorschläge. Geändert hat sich seither nicht viel. Es wird weiterhin auf den guten Willen der Pflegenden gebaut, ihre PatientInnen nicht im Stich zu lassen. Bedroht oder betroffen von Burn-Out und Überlastung, verlassen immer mehr Pflegekräfte aus freien Stücken oder notgedrungen den Beruf. Dass die Last nun an die Auszubildenden weitergegeben wird, scheint in der verfolgten Logik der Ausbeutung nur konsequent.
Der Pflegebereich sei in den letzten Jahren systematisch „ausgehungert“ worden, sagt die Arbeitssoziologin Nicole Mayer-Ahuja dazu im Interview mit dem Deutschlandfunk. Bis an welche Grenze diese Logik seitens der Politik weiter verfolgt werden wird, scheint in den Sternen zu stehen. Wird die Abhängigkeit der Azubis von ihrem Arbeitgeber jedoch noch schamloser ausgenutzt, wird keine Marketingkampagne mehr helfen, noch junge Leute für die Pflege zu begeistern. Langsam hat sich nämlich in Deutschland herumgesprochen, dass man mit der Arbeit im Gesundheitswesen nicht nur wenig Geld verdienen kann, sondern auch immer größere Teile seiner Freizeit und seiner Gesundheit einbüßt. 

Sollte sich am aktuellen Krisenmanagement also nicht schlagartig etwas ändern, werden wir nicht mehr viele Pflegekräfte in Deutschland haben, um die immer kränkere und ältere Gesellschaft zu behandeln. Allein die demographische Lage macht einen entschiedenen Ausbau des Pflegesektors unabdingbar. Die Pandemie hat diese Entwicklung noch einmal stark beschleunigt. Wer nun auf die Ausbeutung von Auszubildenden setzt, um die neuen Löcher zu stopfen, der beschleunigt den Weg in die falsche Richtung noch weiter.
Einzig eine drastische Verbesserung der Gehälter, deutlich bessere Arbeitsbedingungen mit verpflichtender Nurse-to-Patient-Ratio und eine Ausbildung auf einem hohen Niveau können den Pflegenotstand bremsen.

Petition für eine Corona-Prämie gestartet

Der Bochumer Bund hat eine Petition ins Leben gerufen, in der eine erneute Corona-Prämie gefordert wird. Damit sollen die Leistungen aller Pflegenden in Deutschland gewürdigt werden.

Natürlich soll die Prämie keinen Ersatz für eine deutliche Verbesserung der Gehälter darstellen. Dennoch ist es besonders in der aktuellen Lage an der Zeit, sowohl den Fachkräften, als auch dem Hilfspersonal in der Pflegebranche Anerkennung zu zeigen.

Besonderes Augenmerk sollte dabei aus unserer Sicht darauf gelegt werden, dass die Prämie zügig, flächendeckend und gerecht ausgeschüttet wird.

Einen Bonus nur an bestimmte Pflegekräfte auszuzahlen, wäre demnach kontraproduktiv und würde sein Ziel verfehlen.

Die Forderung der Petition lautet deshalb: 3000 Euro für Fachkräfte und 2000 Euro für Hilfskräfte.

https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2022/_01/_16/Petition_129727.nc.html

Erhöhung des Mindestlohns in der Pflege – zu wenig, zu langsam

15.02.22

Wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland vergangene Woche berichtete, sollen ab September diesen Jahres die Mindestlöhne in der Pflegebranche angehoben werden. Dies bedeutet nach langer Zeit mal wieder eine gute Nachricht für die stark belasteten Pflegekräfte in Deutschland. 

Was sich zunächst nach einer Sensationsmeldung, die Hoffnung verbreitet anhört, entpuppt sich jedoch schnell als erneute zahnlose Reform. Im Detail sieht die geplante Erhöhung einen gestaffelten Anstieg der Gehälter vor, die dann bis Ende 2023 ihr Ziel-Level erreichen sollen. Die dann erreichten Mindestlöhne sollen zu diesem Zeitpunkt bei 14,15 € für ungelernte Kräfte (aktuell 12 €), bei 15,25 € für qualifizierte Hilfskräfte (aktuell 12,25 €) und bei 18,25 € für ausgebildete Kräfte (aktuell 15 €) liegen. Dies entspricht einem Brutto-Monatsgehalt von 2925 € für dreijährig ausgebildete Pflegekräfte, die momentan die Krone der Systemrelevanz darstellen und seit über zwei Jahren an vorderster Corona-Front kämpfen. 

Das bedeutet laut Steuerrechner für eine 1982 geborene Vollzeitkraft mit zwei Kindern einen Nettoverdienst von 1953,92 € im Monat. (Falls diejenige in Vollzeit arbeiten sollte.) Es benötigt keine weiteren Rechenbeispiele, um zu erkennen, dass dieser Lohn erstens nicht ausreicht um eine Familie zu ernähren und zweitens nicht die Leistung wertschätzt, welche die Pflegenden immer, und besonders in den letzten zwei Jahren für die Gesellschaft erbringen. 

Dass unausgebildete Kräfte, auf deren Arbeit unser Gesundheitssystem besonders in Wohnheimen und in der Hauskrankenpflege fußt, weiterhin in Armut leben sollen, ist schlicht ein Skandal. Diese Reformen, deren Umsetzung obendrein noch über 1,5 Jahre hinausgezögert wird, als Erfolg zu präsentieren, ist schwer zu ertragen. Eine echte Verbesserung ist nur durch eine deutliche, sofortige Erhöhung aller Gehälter zu erreichen, wie sie beispielsweise vom Deutschen Pflegerat gefordert wurde (4000 € Brutto). 

Das Signal, das hier von der Politik gesendet wird, ist dennoch seit langem mal wieder ein positives und, so bedauerlich es klingt auch nötig. Zu viele Gehälter von Pflegekräften liegen in Deutschland noch heute unter dem angestrebten Mindestlohnniveau.  Es bleibt allerdings zu hoffen, dass sich die Pflegebranche und auch die gesamte Gesellschaft nicht mit derartigen Schönheitskorrekturen abspeisen lässt.

Es gilt eine echte Verbesserung der Arbeitsbedingungen, der Pflegeausbildung (mit angemessenem Einstiegsgehalt), sowie eine deutliche Erhöhung der Löhne vorzunehmen und die Anliegen der 1,8 Millionen Pflegenden endlich ernst zu nehmen. Nur so kann ein noch größerer Schaden am Gesundheitswesen abgewandt werden und die Versorgung von Patientinnen und Patienten auf Dauer sichergestellt werden.

ZDFzoom Das Pflege-Desaster

Was gegen den Personalnotstand hilft“

Zu viel Belastung, zu wenig Geld und Personal: Die Corona-Pandemie macht für alle sichtbar, was schon seit Jahren in Kliniken Realität ist. „ZDFzoom“ will wissen: Was hilft gegen den Notstand?
Videolänge: 28 min
Datum: 09.02.2022 : UT
Verfügbarkeit: Video verfügbar bis 09.02.2024

https://www.zdf.de/dokumentation/zdfzoom/zdfzoom-das-pflege-desaster-102.html

Nein zur Wochenarbeitszeitausweitung

23.01.22

Nachdem vor zwei Wochen bekannt wurde, dass das Arbeitsschutzgesetz in Niedersachsennaufgeweicht wird, soll diese Gesetzesänderung nun auch bundesweit durchgesetzt werden.

Wie an verschiedenen Stellen berichtet, wurde unter anderem die dortige wöchentliche Obergrenze der Arbeitszeit für „die kritische Infrastruktur“ bis April ausgesetzt.

Anstatt die Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verbessern und den Beruf attraktiver zu machen, bleibt es also dabei, dass seitens der Politik auf kurzfristige „Lösungen“ gesetzt wird. Dabei scheint es keine Rolle zu spielen, ob die noch verbleibenden Pflegekräfte bis an die Grenzen und darüber hinaus getrieben werden, um die Stationen am laufen zu halten.

Längst wäre es an der Zeit, die Betten zu sperren, für die das Personal fehlt und die Arbeitskräfte stärker, nicht weniger zu schützen und zu entlasten. Dass sich der allgegenwärtige Pflegenotstand durch solches Eingreifen weiter dramatisieren wird, scheint offensichtlich. Besonders ärgerlich für die Pflegenden ist neben den weiteren Verschärfungen im beruflichen Alltag die Tatsache, dass die neu gegründete Regierung genau dieselbe Linie fährt, wie die abgewählte schwarz-rote Koalition.

Die Bundesregierung, die sich in Imagekampagnen gern als Koalition der Veränderung und Neuerung gibt, übernimmt hier den Vorschlag der niedersächsischen (nicht-mehr-sehr-) großen Koalition und weitet ihn noch dazu bis Juni aus.

Damit zeigt die neue Regierung im Bund überraschend schnell ihren mangelnden Willen zur Veränderung. Für Pflegende, Angehörige, aber auch für die breite Bevölkerung, kann dies nur bedeuten, sich noch stärker für bessere Arbeitsbedingungen, bessere Bezahlung und einen angemessenen Schutz für Pflegekräfte einzusetzen.

Denn wovor die Regierung mit aller Kraft die Augen verschließt, ist den Betroffenen längst klar: Eine angemessene Behandlung kann in deutschen Krankenhäusern schon jetzt nicht mehr stattfinden. Durch immer stärker überlastete Pflegekräfte wird sich die Situation allerdings für die Patienten und Bewohner noch weiter verschlechtern. Es gilt daher, sich Möglichkeiten zu suchen, den eigenen Unmut über diese Entscheidungen zu äußern und in wirkungsvollen Protest zu verwandeln.

Unterzeichnet Petitionen, geht (corona-konform) demonstrieren und organisiert euch gewerkschaftlich.

Wir dürfen uns nicht länger gefallen lassen, dass Politiker Entscheidungen treffen, die sich negativ auf unsere Gesundheit auswirken. Denn letztendlich leiden wir alle unter einer solchen Politik!

Niedersachsen erhöht mögliche Wochenarbeitszeit auf 60 Stunden

16.01.22

Ein völlig falsches Signal für die Pflegenden in Niedersachsen ist am Mittwoch von der dortigen Landesregierung versendet worden.

Aufgrund der neuen Corona-Variante „Omikron” und der damit verbundenen absehbaren Dienstausfälle im Gesundheitswesen hat die SPD-CDU Koalition Lockerungen des Arbeitsschutzes beschlossen. Damit sind in Niedersachsen bis zu 60 Stunden Wochenarbeitszeit mindestens bis zum 10. April 2022 möglich.

Seit vielen Jahren ist der Personalmangel im Gesundheitswesen bekannt und wird dennoch deutschlandweit von der Politik hingenommen.

Wie dramatisch die Lage ist, hat die Corona-Pandemie auch für die breite Bevölkerung gezeigt. Viele Pflegekräfte hoffen nun schon eine Weile vergeblich auf eine entsprechende Anpassung der Gehälter an die verantwortungsvolle und wichtige Arbeit, die sie für das ganze Land leisten. Anstatt aber Maßnahmen umzusetzen, welche diese Leistungen würdigen, scheint sich die niedersächsische Regierung weiter darauf zu fokussieren, Löcher zu stopfen. In diesem Fall werden die ohnehin völlig überlasteten Pflegekräfte einmal mehr in die Pflicht genommen. Diese vorgenommene Maßnahme scheint nicht nur massiv ungerecht, sondern wird auch ihre Anforderungen nicht erfüllen. Die wenigen übrigen Pflegekräfte werden auf diese Weise noch häufiger krank werden. Immer mehr Personal verlässt unterdessen nicht nur dort die Krankenhäuser.

Einen Berufswechsel erwägen laut einer deutschlandweiten Umfrage der Berliner Alice-Salomon-Hochschule mittlerweile rund 40%. Immer mehr Pflegende fallen dauerhaft auf Grund von Burn-Out und Depression aus. Zusätzlich wird die Demografie der Pflege in Deutschland dafür sorgen, dass immer mehr Pflegende in Rente gehen. Auch kurzfristig ist ein Vorgehen wie in Niedersachsen massiv kontraproduktiv und wird dem Image der Pflege in Deutschland weiter schaden.

Um die Versorgung der Patient*innen sicherzustellen, ist die einzige Möglichkeit die Sperrung von Krankenhausbetten. Wo kein Personal ist, können keine Patient*innen versorgt werden. Mit einer konsequent durchsetzbaren Bettensperrung könnte wenigstens mit den übrigen offenen Betten eine adäquate Versorgung der Patient*innen gewährleistet werden.

Es ist höchste Zeit, dauerhaft wirkungsvolle Maßnahmen zu ergreifen, um die Situation der Pflege zu verbessern und eine krankenhäusliche Versorgung in Deutschland sicherzustellen.

Eine Verdoppelung der Gehälter und konsequent einzuhaltende Pflegepersonalschlüssel wären geeignete Maßnahmen, um dies zu erreichen. Lockerungen des Arbeitsschutzes und die fortschreitende Ausbeutung der Arbeitskräfte sind eindeutig kontraproduktiv.

P.S. Selbstverständlich ist der BochumerBund gegen eine Erhöhung der Arbeitszeit in allen Arbeitsbereichen der Pflege. Diese PM bezieht sich aber auf die neugeschaffene Möglichkeit der Ausweitung der Arbeitszeit in den Bereichen der KRITIS (s.u.)

https://www.ms.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/presseinformationen/wegen-erwarteter-personalausfalle-durch-omikron-207527.html

https://www.bsi.bund.de/DE/Themen/KRITIS-und-regulierte-Unternehmen/Kritische-Infrastrukturen/Sektorspezifische-Infos-fuer-KRITIS-Betreiber/Gesundheit/gesundheit_node.html

Pflege springt nicht mehr ein

Wie Focus Online berichtete, versuchen sich Pflegekräfte der Intensivstation im UKE Hamburg an einer neuen Methode des Arbeitskampfes. Weil kürzlich immer mehr KollegInnen ausfallen, ohne dass das Team Unterstützung erhält, lehnen es die Pflegekräfte nun ab, einzuspringen.

Seit dem 17. Dezember habe sich das Pflegeteam entschieden nur noch „Dienst nach Vorschrift“ abzuleisten. Das übliche Einspringen für kranke KollegInnen fällt nicht darunter. Die gängige Praxis, dass Pflegekräfte in ihrem Dienstfrei angerufen werden, sobald ein/e KollegIn ausfällt, belastet die Pflegeteams immer mehr. Die Pflegekräfte können sich von ihrer Arbeit nicht mehr ausreichend regenerieren. Die ohnehin anstrengende Arbeit hat sich durch Schutzmaßnahmen und aufwändigere Pflege während der Pandemie noch verschärft. Durch vermehrte Ausfälle wegen Krankheit oder Impfreaktionen müssen die (noch) gesunden besonders häufig einspringen. Damit ist im UKE in Hamburg nun Schluss. Das Team will so den Druck erhöhen, ausreichend Personal einzustellen und die Arbeitsbedingungen zu verbessern.

Die kurzfristige Folge zeigte sich in einer Nacht im Dezember. Auf einer Station hatten nun zwei Pflegekräfte neun PatientInnen im Intensivbereich zu versorgen. Die Sicherheit der PatientInnen kann so eindeutig nicht mehr gewährleistet werden. Laut Mindestpersonalschlüssel auf einer Intensivstation sollte eine Pflegekraft höchstens zwei PatientInnen betreuen müssen.

Das Team fordert daher die Einhaltung des Mindestpersonalschlüssels und verbindliche Entlastungen für die Pflege. „Das Gesundheitssystem könne nicht darauf aufbauen, dass das Personal ständig einspringt“, so einer der Pfleger.

Tatsächlich wurden im betroffenen Krankenhaus schon einige Intensivbetten gesperrt, was darauf hindeutet, dass die neue Maßnahme der KollegInnen ein effektives Instrument ist. Natürlich erhöht dieses Vorgehen jedoch in den Unterbesetzten Schichten den Druck auf den Einzelnen, mit der desolaten Situation umzugehen. Dies sollte jedoch kein zu hoher Preis sein, wenn die Arbeitsbedingungen so auf Dauer verbessert werden können.

Denn  nur, wenn wir Pflegende endlich erkennen, dass auch die eigenen Gesundheit es wert ist, sich Erholungspausen zu gönnen, wird sich etwas ändern. Das Sublimieren eines Systems, das auf moralischer Erpressung beruht, muss aufhören. Deshalb findet die Pflegegewerkschaft BochumerBund das Vorgehen des Pflegenden am UKE gut und unterstützt das.

Kein Arbeitseinsatz von Covid-19-Infizierten!

Malu Dreyer kündigt Einsatz von erkrankten Pflegekräften im Krankenhaus an.

23.12.2021 Am gestrigen Mittwoch ließ die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer in einer Pressekonferenz zu den neuen Corona-Verordnungen in ihrem Bundesland verlauten, dass künftig auch Pflegekräfte eingesetzt werden sollen, die am Corona-Virus erkrankt sind.

„Wie schaffen wir es, dass die kritische Infrastruktur sichergestellt werden kann, wenn viele Menschen erkranken?“ fragt die Politikerin suggestiv das Publikum. Die ebenso erwartbare, so wie auch falsche Antwort, liefert sie gleich im Nachsatz. Das Personal mit leichtem Verlauf müsse eben weiterarbeiten. Natürlich mit den entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen. Sie bezieht sich dabei auf „die kritische Infrastruktur bei der Polizei, der Feuerwehr und in Krankenhäusern.“ Dass die Pflege hier keine explizite Erwähnung findet und gleichzeitig mit Polizei und Feuerwehr auf eine Ebene gestellt wird, zeugt von großem rhetorischem Kalkül.

Natürlich wird diese Regelung in erster Linie die 1,8 Millionen Pflegekräfte in Deutschland betreffen, die ihre Arbeit täglich eng am Menschen verrichten. Dies liegt nicht nur an der Arbeit selbst, sondern auch an der Größe der Berufsgruppe. Die Polizei zählt bundesweit 333.600, die Berufsfeuerwehr lediglich rund 66.000 Personen (Beide Angaben laut Statista).

Schon vor Beginn der Corona-Pandemie war der Personalnotstand in der Pflege bekannt. Seit Beginn der Pandemie hat sich die Lage weiter dramatisch verschärft. Der massive Anstieg von Berufsaussteigern und psychischen Erkrankungen unter Pflegenden sind durch zahlreiche Studien erforscht und dokumentiert. Die immer schlechtere Versorgung der PatientInnen in den Krankenhäusern, Heimen und in der Häuslichkeit sind seit Jahren beobachtbar. Die korrekte Versorgung der PatientInnen beim Examen der Krankenpflege ist längst nur noch ein Schauspiel, das die AbsolventInnen einmalig in ihrer Berufsausbildung absolvieren können.

Dass Pflegekräfte nun noch drastischer ihre Gesundheit aufs Spiel setzen sollen, setzt auf deren scheinbar grenzenlose Bereitschaft, sich selbst für die PatientInnen aufzuopfern. Dass PolitikerInnen von einer gemeinsamen Aufgabe sprechen, die wir zu bewältigen hätten, ist blanker Hohn.

Noch immer keine drastische Steigerung der Gehälter, kein Personalmindestschlüssel, keine massiven Anreize eine Ausbildung zu beginnen.

Die einzige Möglichkeit, die Pflege nun zu schützen, besteht darin, die Betten zu sperren, die auf Grund von mangelndem Personal nicht mehr belegt werden können. Natürlich würde das die Versäumnisse im Pflegesektor in den letzten Jahren offen legen, doch wenn hier von einer gemeinsamen Aufgabe gesprochen wird, ist es an der Zeit Fehler einzuräumen.

Pro und Contra: Kämpfen Pflegende genug?

BERUFSPOLITIK: Lokführer legen den Bahnverkehr still. Behörden machen Amtsstuben dicht.

Und Pflegende? Sind sie zu passiv? Für manche ist das der wahre Grund, dass sich seit Jahren nichts bewegt. Aber es gibt durchaus zukunftsweisende Aufbrüche in der Pflege.

Unser Contra ist erschienen
in der Zeitschrift Altenpflege 10/21, Vincentz Network, Hannover

https://www.vincentz-network.net/dl.php?fid=36cf901e-2ffa-11ec-8a2a-0050568f2241

Kommentar zur Bundesratsinitiative für die Gehaltsverdopplung Intensivpflege

10.12.2021

Schon lange ist eine echte Gehaltserhöhung für Pflegende überfällig. Dass die entsprechende Forderung von der bayrischen CSU kommt, zeigt einmal mehr wie groß die Not ist. Dringend muss der Anreiz für die noch verbleibenden Intensivpflegekräfte gesteigert werden, damit nicht noch mehr von ihnen ihren wichtigen Beruf aufgeben.

Die Gehaltserhöhung soll für Intensivpflegekräfte und PflegerInnen „mit vergleichbaren Belastungen“ zunächst für ein Jahr gelten. Dabei soll laut Landesregierung das Nettogehalt verdoppelt werden, wie „BR“ und „Spiegel“ berichten. Mit der Initiative unterbreitet die bayrische Landesregierung einen Vorschlag für einen Gesetzentwurf, über den dann im Bundestag zeitnah entschieden werden muss.

Neben der Gehaltserhöhung fordert die Initiative außerdem einen erneuten „Corona-Bonus“ für Pflegekräfte, der steuerfrei gezahlt werden soll.

Eine solche Entwicklung ist das, was die Pflege jetzt gebrauchen kann, so Niklas Kemper, Pressesprecher des BochumerBund.

Dennoch stößt die Befristung für ein Jahr genauso bitter auf, wie die schwammige Formulierung der „vergleichbaren Belastung“. Eine derartige Orientierung an der Marktlogik wird keine dauerhafte Verbesserung des Gesundheitswesens nach sich ziehen, sondern nur die Lücken stopfen, die die Pandemie gerade in die Teams der Stationen reißt.

Was es braucht, ist eine radikale Erhöhung aller Gehälter im gesamten Pflegebereich. (Kinder, Langzeit, Krankenhaus, Ambulant…)

Von der ungelernten ambulanten Pflegekraft, bis zu den Fachpflegerinnen und Fachpflegern im Intensivbereich auf Dauer. Das doppelte Nettogehalt, den die Initiative einbringt, ist dabei jedoch ein guter Richtwert.

Bericht von der Vollversammlung

Am 04.12.21 hielt der BochumerBund seine diesjährige digitale Vollversammlung ab.
Die drei wichtigsten Tagesordnungspunkte setzten sich aus der Nachwahl des Bundesvorstands, der Abstimmung über eine neue Satzung und eine thematische Schwerpunktsetzung für das Jahr 2022 zusammen.
Im Bundesvorstand wurden bei Nachwahlen 5 Positionen neu besetzt.

  1. Stellvertretende Bundesvorsitzende: Jana Gromzick, Pflegefachfrau, (31 Jahre, Saarbrücken)
  2. Finanzvorstand: Dirk Malskorn, Altenpfleger (48 Jahre, Oldenburg)
  3. Beisitzerin: Marianna Kazanzew, Gesundheits- und Krankenpflegerin (34, Merzenich)
  4. Beisitzer: Stefan Krotz, Gesundheits- und Krankenpfleger (46, Bonn )
  5. Beisitzer: Uwe Müller, Gesundheits- und Krankenpfleger (32, Wasserburg/Inn)

Die wohl wichtigste Entscheidung dieser Vollversammlung wurde im Rahmen der neuen Satzung getroffen. Eine Mehrheit der online Anwesenden sprach sich dafür aus, künftig auch ungelernte Pflegehilfskräfte als Mitglieder im BochumerBund organisieren zu wollen.
Ungelernte ArbeitnehmerInnen machen einen großen Teil in der stationären Langzeitversorgung aus und können somit jetzt auch auf die Unterstützung des BochumerBund als Pflegegewerkschaft bauen.

Die beiden Vorsitzenden Heide Schneider und Benjamin Jäger, ließen das Jahr 2021 Revue passieren, zogen ein Résumé und stellten die neuen Pläne für das kommende Jahr 2022 vor.

Als wichtige Weichenstellungen für 2022 soll die Gründung von Landes- und Regionalverbänden stehen, sowie eine solide Streikkasse. Außerdem soll ein massiver Mitgliederzuwachs im Fokus stehen, so die beiden Vorstandsvorsitzenden.

Die Vollversammlung hat ebenfalls über die thematischen Schwerpunkte der kommenden 12 Monate abgestimmt. Durch die Festlegung von 10 Positionspapieren wird der BochumerBund in Zukunft seine Themenschwerpunkte auf u.a. folgende Punkte legen:

  • Anstreben eines höheren Personalschlüssels (Nurse-Patient-Ratio) mit einer Mindest- statt Sollbesetzung
  • Pflege darf nicht weiter wirtschaftlichen Interessen untergeordnet werden
  • Wir brauchen einen bundesweiten Tarifvertrag für alle Pflegeberufe.

In diesem Sinne will der BochumetBund heute und in Zukunft gemeinsam, mit ALLEN KollegInnen der beruflichen Pflege, einen Weg gestalten, der Pflege als zukunftsorientiert, lebenswert, wertschätzend und langfristig werden lässt.

Wir sind entschlossen, mit Solidarität und Beharrlichkeit von vielen engagierten KollegInnen dieses Projekt zum Erfolg zu führen!

Offener Brief an die Politik

Offener Brief an die Mitglieder der Arbeitsgruppe Gesundheit und Pflege für die neue Bundesregierung

Sehr geehrte Mitglieder der Arbeitsgruppe Gesundheit und Pflege,

es ist höchste Zeit, in der Pflege- und Gesundheitspolitik etwas zu ändern – Sie haben es in der Hand.

Spätestens seit März 2020 ist es im Bewusstsein der Bevölkerung angekommen: Wir alle sind auf unser Gesundheitssystem angewiesen und die Berufsgruppe der Pflegenden ist ein ganz erheblicher Teil davon.
Die professionelle Pflege muss seit vielen Jahren extreme Sparmaßnahmen hinnehmen und hat dadurch einen erheblichen Imageschaden und Deprofessionalisierung erlitten.
Immer weniger Berufseinsteiger, immer mehr Fälle von Burnout und Cool-Out-Syndromen in unserer Berufsgruppe und eine steigende Zahl von professionell Pflegenden, die den Beruf verlassen, sind zu beobachten.
Die Berichte von Überlastung, inadäquater Behandlung und nicht mehr sicherzustellender Patientensicherheit sind inzwischen bis in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen.
Studien belegen diese Defizite klar und deutlich, sodass ein Handeln der Politik unumgänglich ist.


Wir, als Pflegegewerkschaft BochumerBund fordern deshalb eine grundlegende Reform der Finanzierung der Pflege.

Wir fordern eine Reform, die die Arbeitsbedingungen verbessert, die Löhne erhöht und den Beruf wieder attraktiv für junge Menschen macht.

Wir sind überzeugt, dass eine künftige Bundesregierung, die für Veränderung stehen möchte, diese Probleme angeht und fordern deshalb:

  • eine Reduktion der Regelarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich #Gibuns4Tausend
  • eine sofortige verpflichtende Umsetzung der Pflegepersonal Regelung PPR 2.0, um Mangelversorgung in den Einrichtungen zu verhindern
  • die vollständige sofortige Refinanzierung der Gehälter der Pflegenden ab dem 1. Tag
  • die Stimmberechtigung der Vertretung der Pflegenden im G-BA
  • das Verbot der Rendite auf Kosten der Pflegebedürftigen und der Sozialkassen
  • einen massiven Ausbau der Studienplätze für ein generalistisches Pflegestudium
  • die Einführung einer Frührente ohne Rentenabzug
  • die Anhebung des Pflegemindestlohns auf mindestens 17 Euro
  • eine kostenfreie Nutzung des ÖPNV und Fernverkehrs

Ein solches Maßnahmenpaket könnte eine erste eindeutige Botschaft an diejenigen senden, die kürzlich aus der Pflege ausgestiegen sind.

Eine konsequente Umsetzung würde zusätzlich den Beruf für SchulabgängerInnen wieder attraktiv machen.
Außerdem wäre es ein deutliches Signal der Wertschätzung der Arbeit der Pflegenden während der Corona-Pandemie und in Zukunft.
Nur mit klaren Verbesserungen, die jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter im Alltag nutzen und eine gute Pflege sicherstellen, kann ein stabiles Gesundheitssystem gewährleistet werden.

Zeigen Sie uns, dass ihre Versprechen nicht nur leere Worthülsen sind!
https://www.bochumerbund.de/bochumerbund-offener-brief-arbeitsgruppe-gesundheit-und-pflege-4/

P.S. auch wir können uns der Forderung eines Einstiegsgehalts von 4000€ für dreijährig Ausgebildete anschließen.

Aber das ist nichts, was die Politik ändern kann – das müssen wir Pflegekräfte selbst einfordern und erstreiten!

Podcast Pflege: Vielfalt, Verantwortung, Vision!

„Wir riskieren wirklich die Gesundheit der Bevölkerung“, sagt Prof. Dr. Stefan Görres am Public Health Institut der Uni Bremen in der aktuellen Episode über Pflege.
Dass Pflege ALLE Menschen betrifft und dringend politisches Handeln geboten ist, bestätigt auch Jürgen Drebes vom Bochumer Bund. Spätestens seit der Corona-Pandemie wissen die meisten Menschen, dass Pflege systemrelevant ist und wir ohne Fürsorge nicht leben können.
Mit meinen beiden Gästen spreche ich über die Situation der Pflege in Deutschland: Welche aktuellen Entwicklungen es gibt, warum viele Hürden seit Jahrzehnten bestehen und welche politischen Forderungen wesentlich sind. Dabei wagen wir einen Ausblick aus dem aktuellen Eindruck.
Pflege geht ALLE etwas an, jetzt und hier!

Das Gespräch wurde digital aufgezeichnet.

Altenpflegende geben alles, Arbeitgebende nehmen letzte Hoffnung

BOCHUM. Der Arbeitgeberverband Pflege (AGVP) will die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di gerichtlich für tarifunfähig erklären lassen. Damit dürfte der Plan von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hinfällig sein, einen mit Arbeitgeberinnen und -gebern aus der Wohlfahrtspflege ausgehandelten Vertrag für allgemeingültig zu erklären. Sollte es so weit kommen, wäre den Altenpflegenden die Aussicht auf einen baldigen Tarifvertrag für alle genommen. Darauf weist die Pflegegewerkschaft BochumerBund hin.
Damit nutzt der Arbeitgeberverband Pflege (AGVP) angesichts der schwachen Position der Pflegenden seine starke Stellung gegen die Berufsgruppe aus.
Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) Steffen Kampeter greift derweil Hubertus Heil an. Sein Vorpreschen würde gegen die in Deutschland geltende Tarifautonomie verstoßen. So bläst Steffen Kampeter in dasselbe Horn wie der AGVP und will sich anscheinend ebenfalls die schwache gewerkschaftliche Vertretung in der Altenpflege zu Nutze machen.

Heide Schneider, Vorstandsvorsitzende des BochumerBund, stellt sich nach den Äußerungen von Kampeter dieselbe Frage wie Hubertus Heil sie schon per Twitter in Richtung BDA geschickt hat: “Wollen Sie bessere Löhne und Arbeitsbedingungen in der Altenpflege oder nicht?”

Speziell in der Altenpflege organisieren sich besonders wenige Kolleginnen und Kollegen gewerkschaftlich; insgesamt haben sich lediglich rund fünf Prozent aller Pflegenden in Gewerkschaften zusammengeschlossen. Dieser verheerende Organisationsgrad bietet Arbeitgeberverbänden wie dem AGVP viele Möglichkeiten, gegen die Interessen von Pflegenden zu handeln bzw. zu agitieren. Nur eine starke Gewerkschaft aber kann sich schützend vor die Berufsgruppe stellen, Tarifverträge für möglichst viele Pflegende abschließen und ihnen rechtlichen Beistand gewähren.

Die Gründe für die Nicht-Organisation in Gewerkschaften sind vielschichtig. Sie begründen sich nicht zuletzt in der nach wie vor andauernden Deprofessionalisierung der Pflege. Als Beginn für diese katastrophale Entwicklung kann die Trennung in Grund- und Behandlungspflege genannt werden. Diese Abwertung zieht sich wie ein roter Faden auch durch das Denken vieler Politikerinnen und Politiker nach dem Motto: „Pflege kann jeder“. „Dieses Denken hat zu einer Vielzahl sogenannter Pflegereformen geführt, die gefühlt nur den einen Sinn hatten: Pflege muss billig sein!“, so Heide Schneider.

Dabei leisten die Altenpflegerinnen und -pfleger Unglaubliches – wobei ihre Leistungen in vielen Fällen weder anerkannt noch wertgeschätzt werden. Sie begleiten Bewohnerinnen und Bewohner über viele Jahre und kennen diese oft besser als die eigenen Angehörigen. Sie beraten und unterstützen bei der Bewältigung der Folgen von Krankheit oder Alter, verhindern Bettlägerigkeit und aktivieren die Seniorinnen und Senioren. „Altenpflegende sind die primären Bezugspersonen für „ihre“ Bewohnerinnen und Bewohner“, so der Altenpfleger Florian Geske, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Pflegegewerkschaft. „Wir Altenpflegende müssen stolz sein auf unseren Beruf und uns mit ihm zu 100 Prozent identifizieren können. Aber die Gesellschaft weiß unsere anstrengende und fachlich anspruchsvolle Arbeit oft nicht zu schätzen.“

„Die anspruchsvolle dreijährige Ausbildung in der Altenpflege vermittelt ein umfassendes Wissen, das dem von Gesundheits- und Krankenpflegenden in Nichts nachsteht“, betont auch Heide Schneider. Dies wäre mit der generalistischen Ausbildung, wie sie ursprünglich gedacht war, endlich zum Ausdruck gekommen. „Nur wird das im medizinzentrierten deutschen Gesundheitswesen aktuell weder gesehen noch gewürdigt“, bedauert Florian Geske. „Dabei sind wir Pflegekräfte selbst fähig, Gesundheit zu erhalten. Und wir sind es, die Veränderungen in der Gesundheit der uns anvertrauten Bewohnerinnen und Bewohner erkennen und Maßnahmen ergreifen. Denn wir Pflegende sind viel näher dran an ihnen als jede Ärztin oder jeder Arzt.“

Schichtarbeit, unplanbare Arbeitszeiten, unzureichende Erholungs- und Regenerationszeiten, Termin- und Leistungsdruck sowie ständige Unterbrechungen machen den Beruf zunehmend unattraktiv. „Diese Kombination aus mangelnder Anerkennung und Unterstützung und schlechten Arbeitsbedingungen führen dazu, dass schon seit Jahren freie Stellen in der Altenpflege kaum noch besetzt werden können“, unterstreicht Heide Schneider.

Der BochumerBund hat bereits viele Mitglieder aus der Altenpflege gewonnen. „Wir als Pflegegewerkschaft haben uns insbesondere die Arbeitsbedingungen in der Altenpflege und in der ambulanten Pflege groß auf die Agenda geschrieben. Hier besteht großer Handlungsbedarf, denn wir wissen, was die Kolleginnen und Kollegen täglich leisten“, so der Altenpfleger und Vorstandsmitglied Florian Geske.

BochumerBund: Alle Mitglieder haben ihre erste „Rechtsdepesche“ erhalten

BOCHUM. Ein weiterer wichtiger Schritt für unsere Pflegegewerkschaft: Die Kooperation zwischen dem BochumerBund (BB) und dem G & S Verlag aus Köln ist mit dem 1. Januar in Kraft getreten. Wir freuen uns auf eine gute und erfolgreiche Zusammenarbeit mit unserem neuen Partner! Damit ist die „Rechtsdepesche“ unser offizielles Mitteilungsorgan.

Den Auftakt machte die Ausgabe von Januar/Februar 2021: Sie wurde am 15. Januar als Mailanhang versendet. Die Mitglieder des BochumerBunds erhalten von nun an alle zwei Monate die gesundheitsrechtliche Fachzeitschrift als ePaper per Mail.

Der BochumerBund wird in jeder Ausgabe vier Seiten eigenverantwortlich redaktionell gestalten. In der aktuellen Ausgabe stellt sich die BB-Vorstandsvorsitzende Heide Schneider in einem Interview vor. Sie spricht über die Wichtigkeit einer unabhängigen Spartengewerkschaft sowie über ihre Motivation, sich beim BochumerBund zu engagieren.

Weiter werden wir in jeder Ausgabe mit „Rechtsmythen“ aufräumen. In der ersten Ausgabe 2021 wird das Streikrecht bei kirchlichen Trägern genauer betrachtet. In Zukunft warten viele spannende gewerkschaftsrelevante Themen auf alle BB-Mitglieder. Viel Spaß beim Lesen und Informieren!

Bei Fragen oder Anregungen steht das Team für Öffentlichkeitsarbeit gern zur Verfügung unter oeffentlichkeitsarbeit@bochumerbund.de

Pflegegewerkschaft BochumerBund: Erste Vollversammlung traf sich digital

BOCHUM.– Gelebte Basisdemokratie auch in pandemischen Zeiten: Daß dies sehr wohl funktioniert, hat die Pflegegewerkschaft BochumerBund (BB) unter Beweis gestellt. An der ersten Mitglieder-Vollversammlung nach BB-Gründung am 12. Mai dieses Jahres beteiligten sich 115 von annähernd 1.000 in der Gewerkschaft zusammengeschlossenen Pflegenden. Dabei dominierte der Blick nach vorne: Viele ambitionierte Vorhaben stehen auf der Aufgabenliste für 2021. Die Tagesordnung umfasste neben Berichten und Anträgen u. a. Wahlen.

Die Vollversammlung ist das höchste Organ des BochumerBunds, der auf ein Delegiertensystem verzichtet. Dieser basisdemokratische Ansatz sowie die gewerkschaftlichen Grundsatzpositionen des BB finden unter Pflegenden großen Anklang. Dies spiegelt sich in stetig steigenden Mitgliederzahlen wider, wie der Vorstandsvorsitzende Benjamin Jäger darlegte. Besonders stark vertreten ist der BB in Nordrhein-Westfalen. Zu den Hochburgen zählen außerdem Bayern und Niedersachsen.

Im ersten halben Jahr seines Bestehens hatte sich der BochumerBund vor allem darauf konzentriert, sich in der Fachöffentlichkeit bekanntzumachen und Mitglieder zu gewinnen. Einen zweiten Schwerpunkt bildete der Aufbau interner Strukturen.

In den kommenden Jahren will die Pflegegewerkschaft die Professionalisierung seiner gewerkschaftlichen Arbeit durch ein Bündel von Maßnahmen vorantreiben. Entsprechend hat sich der BB für 2021 ehrgeizige Ziele gesteckt. So will er im kommenden Jahr erste Tarifverträge abschließen; Gespräche mit Interessenten laufen bereits. Eine Entgelttabelle des BochumerBunds für einen Tarifvertrag in der Pflege wird ausgearbeitet. „Viele Unternehmen haben bereits Anfragen gestellt und uns signalisiert, dass sie uns als Tarifpartner akzeptieren. Damit werden wir unsere Legitimation als Gewerkschaft ausbauen“, so der Vorstandsvorsitzende Jäger.

Die Mitgliederzahl soll schon im nächsten Jahr auf 5.000 wachsen. „Diese Zahl ist realistisch“, unterstrich er. Zumal Regionalkoordinatoren die Gründung von Gruppen vor Ort vorantreiben, nicht zuletzt in den Betrieben. Mit Vorträgen, z. B. in Schulen, will der BB u. a. für den Pflegeberuf, für gewerkschaftliches Engagement und für Pflegekammern werben.

Darüber hinaus wird der BochumerBund seine Leistungen für Mitglieder deutlich ausbauen. So soll ab kommendem Jahr eine Berufsrechtschutzversicherung im Beitrag enthalten sein. Auch laufen Gespräche über eine Mitgliederzeitung mit berufsbezogenen Inhalten. Eine deutliche Mehrheit auf der Vollversammlung stimmte entsprechenden Verhandlungen mit dem möglichen Kooperationspartner zu.

Die angedachten Leistungen wie auch die ambitionierten Zukunftspläne schlagen sich in höheren Beiträgen nieder: Die Mitglieder setzten ihn auf 12,50 Euro monatlich fest. Azubis, Studierende und Personen in prekären Lebenslagen zahlen künftig 4 Euro im Monat – inklusive aller Leistungen. Finanzvorstand Lukas Böckenholt hatte nach einem Überblick über die finanzielle Situation der Pflegegewerkschaft angesichts der vielen Vorhaben und der laufenden Kosten für eine Beitragserhöhung geworben.

Die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit hat den BochumerBund vor allem in den sozialen Medien als feste Größe etabliert. Das Team um Lino Huitenga bespielt mit stark wachsenden Nutzerzahlen Facebook, Twitter, Instagram und Telegram. „Über die sozialen Medien erfolgt ein großer Teil unserer Neumitgliederwerbung“, so Huitenga. Große Aufmerksamkeit erregte u. a. ein offener Brief des BB zur umstrittenen YouTube-Serie „Ehrenpflegas“, den Aktive der Öffentlichkeitsarbeit verfasst hatten. Diverse Projekte wie ein Newsletter befinden sich in Planung.

Auch die inhaltliche Positionierung nahm auf der Vollversammlung mit drei Anträgen zu tarifrechtlichen Grundsätzen, zur Personalbemessung sowie zur Pflegeausbildung breiten Raum ein. Die Mitglieder verwiesen zwei der Anträge nach eingehender Diskussion in die Tarifkommission sowie in eine noch zu bildende Expertengruppe weiter. Die Vollversammlung sprach sich deutlich für einen Grade-Mix in allen Pflegesettings aus. Dabei ist nicht nur der Ist-Zustand zu berücksichtigen, sondern auch ein Soll. „Hierfür ist es notwendig, geeignete Personalbemessungsinstrumente einzusetzen und ggf. vorhandene internationale Konzepte auf die Bedingungen in Deutschland anzupassen“, führte die neu gewählte Beisitzerin Kerstin Paulus aus.

Wie der Vorstandsvorsitzende Benjamin Jäger in diesem Zusammenhang betonte, will die Pflegegewerkschaft ihre inhaltliche Arbeit deutlich stärken: „Wir wünschen uns auch in diesem Bereich eine rege Partizipation unserer Mitglieder.“ Ein hierfür geeignetes Forum sind BB-Expertengruppen. Die Vollversammlung hatte einer Satzungsänderung des Vorstands zugestimmt, nach der sich solche Gruppen innerhalb des BochumerBunds bilden können, um Themen nach Wahl inhaltlich zu vertiefen. Weitere von den Mitgliedern beschlossene Satzungsänderungen präzisieren die Gliederung des BB in Landes- und Regionalvereinigungen.

Außerdem wird die Pflegegewerkschaft nach einer entsprechenden Satzungsänderung fortan von einer Doppelspitze angeführt. Die Mitglieder wählten Heide Schneider zur zweiten Vorstandsvorsitzenden neben Benjamin Jäger. Als stellvertretende Vorsitzende agiert jetzt Clarissa Fritze genannt Grußdorf. Außerdem wurde der Vorstand um mehrere Beisitzerinnen und Beisitzer erweitert, nämlich um Selma Möllenbeck, Malte Hanelt, Kerstin Paulus und Darije Lazovic. Die Tarifkommission wurde ergänzt um Jana Gromzick, Frank Boden, Lino Huitenga, Benjamin Kunz und Uwe Müller.

Bereits ein halbes Jahr nach seiner Gründung hat der BochumerBund Einiges erreicht, wie in den Berichten auf der digitalen Vollversammlung deutlich wurde: So ist die Pflegegewerkschaft im Errichtungsausschuß der Pflegekammer Nordrhein-Westfalen vertreten. Für die Pflegekammer-Wahlen in Rheinland-Pfalz im kommenden Jahr wird der BB eine eigene Wahlliste aufstellen. Darüber hinaus kooperiert er mit diversen Akteuren in der Pflege bzw. im Gesundheitswesen. „Unsere Vernetzung wollen wir aber noch deutlich ausbauen“, kündigte Jäger an.

Weitere Informationen, z. B. die auf der Vollversammlung gestellten Anträge, sind nachzulesen unter https://www.bochumerbund.de/Vollversammlung-14-11-2020/.

Registrierung zur Mitgliederversammlung

Der Registrierungslink für unsere Mitgliedervollversammlung ist versendet!
Wollt Ihr mitreden? Dann hurtig Mitglied werden: https://bochumerbund.de/Mitglied-werden/
Mitglieder müssen sich bis zum 12.11. für die Teilnahme registrieren. Danach gibt es leider keine Möglichkeit des Einlasses mehr.

Pflegegewerkschaft BochumerBund fordert eigenen Pflegetisch bei TVöD-Verhandlungen

BOCHUM. Bei den TVöD-Verhandlungen muss ein eigener Pflegetisch eingerichtet werden. Das fordert die Pflegegewerkschaft BochumerBund (BB). „Dabei ist ein gesonderter Flächentarifvertrag für alle professionell Pflegenden anzustreben“, so Hubert Biniak, Vorsitzender der BB-Tarifkommission.

„Die Belange unserer Berufsgruppe dürfen nicht weiterhin mit denen anderer Berufsgruppen im Gesundheitswesen in einen Topf geschmissen werden, wie es ver.di tut“, unterstreicht Biniak die BB-Position. „Ohne jeden Zweifel leisten auch die Kolleginnen und Kollegen im Rettungsdienst oder im öffentlichen Gesundheitsdienst harte Arbeit. Aber die Rahmen- und Arbeitsbedingungen sind nicht miteinander vergleichbar.“

Nicht zuletzt aus diesem Grund sei es überfällig, dass die Pflegenden bei den Verhandlungen endlich in den Fokus rücken: „Wir erwarten substanzielle Verbesserungen für unsere Berufsgruppe. Darauf haben wir Pflegekräfte schon viel zu lange gewartet.“ Erst vor kurzem hatte der BochumerBund sein Tarifkonzept vorgestellt. Zu dessen Merkmalen gehören u. a. ein Einstiegsgehalt von 3.500 Euro sowie ein attraktives Zulagensystem.

Allerdings darf nach Ansicht der Pflegegewerkschaft bei den TVöD-Verhandlungen nicht ausschließlich über ein deutliches Plus bei Entlohnung und Zulagen gesprochen werden. Der BochumerBund verweist auf die immense Bedeutung nicht-monetärer Wertschätzung für pflegerische Arbeit, die nicht nur in vielen Einrichtungen vernachlässigt wird.

„Wir erhalten immer wieder Rückmeldungen von Mitgliedern, die eine ehrliche Anerkennung ihrer Leistungen vermissen“, berichtet der BB-Vorstandsvorsitzende Benjamin Jäger. „Sonntagsreden mit kaum noch zu ertragender Heuchelei haben wir uns lange genug angehört.“ Die Zeit sei reif dafür, die oftmals katastrophalen Arbeits- und Hygienebedingungen endlich zu verbessern. Der BB-Vorsitzende sieht besonders die öffentlichen Arbeitgeberinnen und -geber in der Pflege gefordert, als Vorbilder zu dienen und den Beruf attraktiver zu gestalten.

Pflegekammer Niedersachsen nicht abwickeln, sondern weiterentwickeln!

BOCHUM. Die Pflegegewerkschaft BochumerBund (BB) ruft die niedersächsische Landesregierung dazu auf, die Pflegekammer Niedersachsen nicht abzuwickeln, sondern als beitragspflichtige Kammer weiterzuentwickeln. „Wir halten die Online-Befragung für eine Farce“, so Lukas Böckenholt, BB-Vorstandsmitglied und Mitglied im Errichtungsausschuss der Pflegekammer Nordrhein-Westfalen. „Nicht einmal 15.100 Pflegefachpersonen von rund 78.000 Mitgliedern haben teilgenommen. Es gibt folglich keine Mehrheit von Pflegenden gegen die Pflegekammer. Wir als BB halten es für unverantwortlich, dass die Landesregierung in Hannover auf Grundlage derartiger Zahlen die Abschaffung einer Kammer in die Wege leiten will.“

Die Umfrage habe vor allem dem Ziel gedient, die unabhängige Selbstverwaltung der Pflegefachpersonen in Niedersachsen und damit eine wichtige Stimme der professionell Pflegenden zu zerstören. Wichtige Einfluss- und Mitsprachemöglichkeiten für die niedersächsischen Pflegenden gingen damit verloren. „Wird die Kammer tatsächlich abgeschafft, wirft das die Pflege in Niedersachsen um Jahrzehnte zurück“, warnt Böckenholt. „Es würde ein wichtiger Akteur wegbrechen, beispielsweise in diversen Gremien und Organisationen wie der Bundespflegekammer. Außerdem wäre dies ein fatales Signal für die Pflege in allen anderen Bundesländern. “

Gleichzeitig bedauert er, dass eine große Zahl der Pflegenden nicht bereit ist, sich zu organisieren und dafür auch Mitgliedsbeiträge zu leisten. „Solange unter Pflegekräften die Mitgliedschaft in Berufsverbänden und Gewerkschaften wie den BochumerBund eine absolute Ausnahme darstellt, bleibt unser Berufsstand Spielball berufsfremder Interessen“, befürchtet das BB-Vorstandsmitglied. „Damit aber werden für viele Pflegekräfte beispielsweise Tarifverträge oder von Pflegekammern – also von uns Pflegenden – erarbeitete und in Kraft gesetzte Berufs- oder Weiterbildungsordnungen Illusionen bleiben.“

Die Pflegenden haben sich nach Ansicht von Böckenholt schon viel zu lange auf andere verlassen – mit bekanntem Ergebnis: „Die Pflege wurde gegen die Wand gefahren und droht vollends zu kollabieren. Daran sind nicht die Pflegekammern schuld, sondern diejenigen, die sich als Interessenvertreter der Pflege aufspielen. Leider hat dies insbesondere ver.di bis heute nicht begriffen.“

Von Anfang an hatte die Selbstverwaltung der Pflegefachpersonen mit diversen Stolpersteinen zu kämpfen. Beispielsweise war die Pflegekammer nicht ins niedersächsische Kammergesetz für die Heilberufe integriert worden: „Ein schwerer Geburtsfehler“, meint das Vorstandsmitglied des BochumerBunds.

Der Gewerkschafter resümiert: “Mit Ausnahme der Grünen haben Politikerinnen und Politiker aller im niedersächsischen Landtag vertretenen Parteien Fehler und Versäumnisse der Politik auf die Kammer abgewälzt – immer flankiert von ver.di.“ Besonders die niedersächsische CDU habe der Pflegekammer nie eine Chance gegeben und auf ihre Abschaffung hingewirkt.