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Kein Arbeitseinsatz von Covid-19-Infizierten!

Malu Dreyer kündigt Einsatz von erkrankten Pflegekräften im Krankenhaus an.

23.12.2021 Am gestrigen Mittwoch ließ die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer in einer Pressekonferenz zu den neuen Corona-Verordnungen in ihrem Bundesland verlauten, dass künftig auch Pflegekräfte eingesetzt werden sollen, die am Corona-Virus erkrankt sind.

„Wie schaffen wir es, dass die kritische Infrastruktur sichergestellt werden kann, wenn viele Menschen erkranken?“ fragt die Politikerin suggestiv das Publikum. Die ebenso erwartbare, so wie auch falsche Antwort, liefert sie gleich im Nachsatz. Das Personal mit leichtem Verlauf müsse eben weiterarbeiten. Natürlich mit den entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen. Sie bezieht sich dabei auf „die kritische Infrastruktur bei der Polizei, der Feuerwehr und in Krankenhäusern.“ Dass die Pflege hier keine explizite Erwähnung findet und gleichzeitig mit Polizei und Feuerwehr auf eine Ebene gestellt wird, zeugt von großem rhetorischem Kalkül.

Natürlich wird diese Regelung in erster Linie die 1,8 Millionen Pflegekräfte in Deutschland betreffen, die ihre Arbeit täglich eng am Menschen verrichten. Dies liegt nicht nur an der Arbeit selbst, sondern auch an der Größe der Berufsgruppe. Die Polizei zählt bundesweit 333.600, die Berufsfeuerwehr lediglich rund 66.000 Personen (Beide Angaben laut Statista).

Schon vor Beginn der Corona-Pandemie war der Personalnotstand in der Pflege bekannt. Seit Beginn der Pandemie hat sich die Lage weiter dramatisch verschärft. Der massive Anstieg von Berufsaussteigern und psychischen Erkrankungen unter Pflegenden sind durch zahlreiche Studien erforscht und dokumentiert. Die immer schlechtere Versorgung der PatientInnen in den Krankenhäusern, Heimen und in der Häuslichkeit sind seit Jahren beobachtbar. Die korrekte Versorgung der PatientInnen beim Examen der Krankenpflege ist längst nur noch ein Schauspiel, das die AbsolventInnen einmalig in ihrer Berufsausbildung absolvieren können.

Dass Pflegekräfte nun noch drastischer ihre Gesundheit aufs Spiel setzen sollen, setzt auf deren scheinbar grenzenlose Bereitschaft, sich selbst für die PatientInnen aufzuopfern. Dass PolitikerInnen von einer gemeinsamen Aufgabe sprechen, die wir zu bewältigen hätten, ist blanker Hohn.

Noch immer keine drastische Steigerung der Gehälter, kein Personalmindestschlüssel, keine massiven Anreize eine Ausbildung zu beginnen.

Die einzige Möglichkeit, die Pflege nun zu schützen, besteht darin, die Betten zu sperren, die auf Grund von mangelndem Personal nicht mehr belegt werden können. Natürlich würde das die Versäumnisse im Pflegesektor in den letzten Jahren offen legen, doch wenn hier von einer gemeinsamen Aufgabe gesprochen wird, ist es an der Zeit Fehler einzuräumen.

BochumerBund fordert mehr statt weniger Studienplätze in der Pflegewissenschaft

BOCHUM. Erneuter Rückschlag für die Professionalisierung der Pflege: Die Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar (PTHV) bei Koblenz wird ihre pflegewissenschaftliche Fakultät schließen. Zuvor hatten die Deutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft (DGP) und der Deutsche Pflegerat (DPR) von sinkenden Studierendenzahlen und Problemen bei Pflege-Studiengängen berichtet. „Diese Meldungen sind ein Alarmsignal für die Professionalisierung der Pflege in Deutschland“, findet BochumerBund-Vorstandsmitglied und Studentin der Pflegewissenschaften (M. Sc.) Kerstin Paulus.

Die Gewerkschafterin widerspricht entschieden der Einschätzung des PTHV-Trägers, dass Pflegewissenschaft keine Zukunft habe. „Auch ist dessen Aussage, dass sich die Akademisierung unseres Berufsstands in Deutschland nicht etabliert habe, in keiner Weise nachvollziehbar“, betont die Pflegefachkraft. Nun trage die PTHV mit ihrer Entscheidung selbst dazu bei, die Professionalisierung der Pflege in Deutschland im internationalen Vergleich noch weiter zurückfallen zu lassen.

Für Kerstin Paulus steht fest: „Die Pflegewissenschaft bringt die Pflegepraxis weiter. Damit hat sie einen unmittelbaren und spürbaren Nutzen für Pflegende und vor allem für die zu Pflegenden.“ Eine Professionalisierung der Pflege sei ohne eine pflegewissenschaftliche Fundierung nicht möglich.

Diverse internationale Studien haben nach Angaben des BB-Vorstandsmitglieds bestätigt, dass sich die Pflegepraxis verbessert, wenn akademisierte Pflegende ein Team ergänzen. „Von Pflegewissenschaftlerinnen und -schaftlern profitiert somit die gesamte Gesellschaft. Daher tritt die Pflegegewerkschaft BochumerBund für eine intensivierte Professionalisierung der Pflege ein. So sollten Studienangebote ausgebaut werden und alle Pflegestudierenden eine auskömmliche, angemessene Vergütung erhalten. „Solch eine finanzielle Anerkennung aber ist im novellierten Pflegeberufegesetz nicht geregelt. Hier besteht dringender Handlungsbedarf“, unterstreicht Kerstin Paulus. Außerdem müssten akademisierten Pflegenden Karriereoptionen in der direkten pflegerischen Versorgung zu attraktiven Bedingungen angeboten werden. „Viel zu oft wird ein akademischer Abschluss überhaupt nicht finanziell honoriert. Das ist indiskutabel. Eigentlich müssten Arbeitgeberinnen und -geber alles tun, um hochqualifizierte Pflegende an sich zu binden.“