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Streik in NRW beigelegt. Ein Schritt Richtung Wandel?

Nach 11 Wochen Arbeitskampf ist diesen Dienstag (19.07.22) der Streik an den Universitätskliniken in Nordrhein-Westfalen (NRW) beigelegt worden.

Fast drei Monate haben Beschäftigte aus den 6 Krankenhäusern in Aachen, Bonn, Köln, Düsseldorf, Essen und Münster gestreikt. Eine unfassbare Dauer für die Arbeitsniederlegung im Gesundheitswesen. Viel Beachtung hat der Protest in den Medien dennoch nicht bekommen. Warum so wenige Medien so wenig und erst so spät berichteten, ist den meisten Beteiligten unklar. Klar ist jedoch, dass der Druck, den die Streikenden auf ihre Arbeitgeber ausgeübt haben, enorm war. Mehr als 10.000 Operationen mussten laut Berichten des Bonner Generalanzeigers verschoben werden. Eine Notfallbesetzung wurde dauerhaft gewährleistet. Ein Glück für Klinikbetreibende und Bevölkerung, dass die Pflegenden so umsichtig und verantwortungsbewusst handeln. Die Befürchtung lag jedoch nahe, dass die Schlagkraft des Streiks dadurch geschmälert werden würde. Hat der Druck dennoch ausgereicht, um entscheidende Verbesserungen für die ausblutende Berufsgruppe zu erwirken? Haben die Pflegekräfte Ihr Ziel erreicht?
Fazit: Der geforderte zusätzliche Tarifvertrag mit dem Titel “Entlastung“ wird kommen. Einige Zugeständnisse wurden gemacht. Allerdings wurde um jede Nachkommastelle einer Sollbesetzung hart gefeilscht. Dieses Feilschen in der Personalbemessung macht den Unwillen der Politik besonders deutlich, die Pflege zu stärken. Auch wurde nicht der Schweregrad der PatientInnen als Maßstab angesetzt sondern die Anzahl der belegten Betten. Auch hier wird wieder deutlich, dass es nur um Mengenverwaltung geht und nicht um die beste Patientenversorgung. 

War es überhaupt ein Pflegestreik oder doch wieder ein Streik der Belegschaft, der unter dem Titel Pflegestreik geführt wurde? Denn auch für Angestellte aus Transport, IT oder den klinikinternen KiTas wird es Verbesserungen geben. Das ist ja an sich nichts Schlechtes, hat aber dann nichts mit einem Pflegestreik oder angestrebten Verbesserungen der Arbeitsbedingungen der Pflegefachpersonen zu tun.

Die zentralen Verbesserungen für die Pflege werden von der Uniklinik Münster mit „besseren Personalschlüsseln, Belastungsausgleich durch freie Tage oder finanzieller Ausgleich, Entlastungstage bei Unterschreiten des Personalschlüssels und mehr persönliche Anleitung der Auszubildenden“ beschrieben. Dies deckt sich weitgehend mit den bescheidenen Forderungen der Streikenden. Allerdings soll all das erst Anfang 2023 kommen. 

Aus Sicht des BochumerBund bedeutet dies, dass die Pflegefachpersonen erst einmal weiter überlastet werden und dann gegen Ende 2023 vielleicht zusätzliche freie Tage bekommen werden. Aber auch diese freien Tage werden wegen des Personalmangels in der Pflege kaum umgesetzt werden können.

Angesichts der laufenden Urlaubssaison und der allseits präsenten, massiven Krankheitsausfälle können sich die Arbeitgeber und Finanziers sicher glücklich schätzen, dass der Streik nun beigelegt wurde und der Normalbetrieb der Krankenhäuser nach und nach wieder aufgenommen werden kann. Leider haben die Pflegefachpersonen aus unserer Sicht kaum etwas gewonnen. Enttäuschend ist außerdem, dass die Landesregierung bereits zu Beginn des Streiks den Austritt der Unikliniken aus dem Arbeitgeberverband des Landes (Adl NRW) herbeigeführt hat. Die marginalen Verbesserungen werden daher nicht alle Krankenhäuser des Landes betreffen, sondern lediglich die Unikliniken.

Es wird insgesamt wieder einmal deutlich, wie sich die Politik mit allen verfügbaren Mitteln gegen Verbesserungen in der Pflege stellt und unterstreicht so selbst die dringende Notwendigkeit von radikalen Arbeitskampfmaßnahmen. Für uns Pflegende kann das nur eine noch stärkere Vernetzung, Zusammenarbeit und Kompromisslosigkeit im Arbeitskampf bedeuten. 

Den Streikenden an den Unikliniken muss ein großes Lob ausgesprochen werden. Den Streik trotz derart mangelhafter Medienpräsenz fortzusetzen, war ein äußerst gutes Zeichen. Allerdings sieht es so aus, als wäre das Entgegenkommen der Arbeitgeber nur als Trostpflaster gedacht und damit eine schnelle Einigung herbeigeführt wird.

Dieser Streik hat uns gezeigt, dass es eine Pflegegewerkschaft braucht, die diesen Namen verdient. Pflege hat Kraft. Pflege kann sich durchsetzen. Mit den Forderungen des BochumerBund nach mindestens 4000€ Einstiegsgehalt plus Zuschläge und Inflationsausgleich ist mehr möglich. Ein höheres Gehalt würde die Pflege nachhaltig stärken und mehr Menschen in den Beruf locken.

Nur wenn alle Pflegenden in einer Gewerkschaft vereint sind, kommt die Politik nicht mehr an uns vorbei.

Erhöhung des Mindestlohns in der Pflege – zu wenig, zu langsam

15.02.22

Wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland vergangene Woche berichtete, sollen ab September diesen Jahres die Mindestlöhne in der Pflegebranche angehoben werden. Dies bedeutet nach langer Zeit mal wieder eine gute Nachricht für die stark belasteten Pflegekräfte in Deutschland. 

Was sich zunächst nach einer Sensationsmeldung, die Hoffnung verbreitet anhört, entpuppt sich jedoch schnell als erneute zahnlose Reform. Im Detail sieht die geplante Erhöhung einen gestaffelten Anstieg der Gehälter vor, die dann bis Ende 2023 ihr Ziel-Level erreichen sollen. Die dann erreichten Mindestlöhne sollen zu diesem Zeitpunkt bei 14,15 € für ungelernte Kräfte (aktuell 12 €), bei 15,25 € für qualifizierte Hilfskräfte (aktuell 12,25 €) und bei 18,25 € für ausgebildete Kräfte (aktuell 15 €) liegen. Dies entspricht einem Brutto-Monatsgehalt von 2925 € für dreijährig ausgebildete Pflegekräfte, die momentan die Krone der Systemrelevanz darstellen und seit über zwei Jahren an vorderster Corona-Front kämpfen. 

Das bedeutet laut Steuerrechner für eine 1982 geborene Vollzeitkraft mit zwei Kindern einen Nettoverdienst von 1953,92 € im Monat. (Falls diejenige in Vollzeit arbeiten sollte.) Es benötigt keine weiteren Rechenbeispiele, um zu erkennen, dass dieser Lohn erstens nicht ausreicht um eine Familie zu ernähren und zweitens nicht die Leistung wertschätzt, welche die Pflegenden immer, und besonders in den letzten zwei Jahren für die Gesellschaft erbringen. 

Dass unausgebildete Kräfte, auf deren Arbeit unser Gesundheitssystem besonders in Wohnheimen und in der Hauskrankenpflege fußt, weiterhin in Armut leben sollen, ist schlicht ein Skandal. Diese Reformen, deren Umsetzung obendrein noch über 1,5 Jahre hinausgezögert wird, als Erfolg zu präsentieren, ist schwer zu ertragen. Eine echte Verbesserung ist nur durch eine deutliche, sofortige Erhöhung aller Gehälter zu erreichen, wie sie beispielsweise vom Deutschen Pflegerat gefordert wurde (4000 € Brutto). 

Das Signal, das hier von der Politik gesendet wird, ist dennoch seit langem mal wieder ein positives und, so bedauerlich es klingt auch nötig. Zu viele Gehälter von Pflegekräften liegen in Deutschland noch heute unter dem angestrebten Mindestlohnniveau.  Es bleibt allerdings zu hoffen, dass sich die Pflegebranche und auch die gesamte Gesellschaft nicht mit derartigen Schönheitskorrekturen abspeisen lässt.

Es gilt eine echte Verbesserung der Arbeitsbedingungen, der Pflegeausbildung (mit angemessenem Einstiegsgehalt), sowie eine deutliche Erhöhung der Löhne vorzunehmen und die Anliegen der 1,8 Millionen Pflegenden endlich ernst zu nehmen. Nur so kann ein noch größerer Schaden am Gesundheitswesen abgewandt werden und die Versorgung von Patientinnen und Patienten auf Dauer sichergestellt werden.

Nein zur Wochenarbeitszeitausweitung

23.01.22

Nachdem vor zwei Wochen bekannt wurde, dass das Arbeitsschutzgesetz in Niedersachsennaufgeweicht wird, soll diese Gesetzesänderung nun auch bundesweit durchgesetzt werden.

Wie an verschiedenen Stellen berichtet, wurde unter anderem die dortige wöchentliche Obergrenze der Arbeitszeit für „die kritische Infrastruktur“ bis April ausgesetzt.

Anstatt die Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verbessern und den Beruf attraktiver zu machen, bleibt es also dabei, dass seitens der Politik auf kurzfristige „Lösungen“ gesetzt wird. Dabei scheint es keine Rolle zu spielen, ob die noch verbleibenden Pflegekräfte bis an die Grenzen und darüber hinaus getrieben werden, um die Stationen am laufen zu halten.

Längst wäre es an der Zeit, die Betten zu sperren, für die das Personal fehlt und die Arbeitskräfte stärker, nicht weniger zu schützen und zu entlasten. Dass sich der allgegenwärtige Pflegenotstand durch solches Eingreifen weiter dramatisieren wird, scheint offensichtlich. Besonders ärgerlich für die Pflegenden ist neben den weiteren Verschärfungen im beruflichen Alltag die Tatsache, dass die neu gegründete Regierung genau dieselbe Linie fährt, wie die abgewählte schwarz-rote Koalition.

Die Bundesregierung, die sich in Imagekampagnen gern als Koalition der Veränderung und Neuerung gibt, übernimmt hier den Vorschlag der niedersächsischen (nicht-mehr-sehr-) großen Koalition und weitet ihn noch dazu bis Juni aus.

Damit zeigt die neue Regierung im Bund überraschend schnell ihren mangelnden Willen zur Veränderung. Für Pflegende, Angehörige, aber auch für die breite Bevölkerung, kann dies nur bedeuten, sich noch stärker für bessere Arbeitsbedingungen, bessere Bezahlung und einen angemessenen Schutz für Pflegekräfte einzusetzen.

Denn wovor die Regierung mit aller Kraft die Augen verschließt, ist den Betroffenen längst klar: Eine angemessene Behandlung kann in deutschen Krankenhäusern schon jetzt nicht mehr stattfinden. Durch immer stärker überlastete Pflegekräfte wird sich die Situation allerdings für die Patienten und Bewohner noch weiter verschlechtern. Es gilt daher, sich Möglichkeiten zu suchen, den eigenen Unmut über diese Entscheidungen zu äußern und in wirkungsvollen Protest zu verwandeln.

Unterzeichnet Petitionen, geht (corona-konform) demonstrieren und organisiert euch gewerkschaftlich.

Wir dürfen uns nicht länger gefallen lassen, dass Politiker Entscheidungen treffen, die sich negativ auf unsere Gesundheit auswirken. Denn letztendlich leiden wir alle unter einer solchen Politik!

Niedersachsen erhöht mögliche Wochenarbeitszeit auf 60 Stunden

16.01.22

Ein völlig falsches Signal für die Pflegenden in Niedersachsen ist am Mittwoch von der dortigen Landesregierung versendet worden.

Aufgrund der neuen Corona-Variante „Omikron” und der damit verbundenen absehbaren Dienstausfälle im Gesundheitswesen hat die SPD-CDU Koalition Lockerungen des Arbeitsschutzes beschlossen. Damit sind in Niedersachsen bis zu 60 Stunden Wochenarbeitszeit mindestens bis zum 10. April 2022 möglich.

Seit vielen Jahren ist der Personalmangel im Gesundheitswesen bekannt und wird dennoch deutschlandweit von der Politik hingenommen.

Wie dramatisch die Lage ist, hat die Corona-Pandemie auch für die breite Bevölkerung gezeigt. Viele Pflegekräfte hoffen nun schon eine Weile vergeblich auf eine entsprechende Anpassung der Gehälter an die verantwortungsvolle und wichtige Arbeit, die sie für das ganze Land leisten. Anstatt aber Maßnahmen umzusetzen, welche diese Leistungen würdigen, scheint sich die niedersächsische Regierung weiter darauf zu fokussieren, Löcher zu stopfen. In diesem Fall werden die ohnehin völlig überlasteten Pflegekräfte einmal mehr in die Pflicht genommen. Diese vorgenommene Maßnahme scheint nicht nur massiv ungerecht, sondern wird auch ihre Anforderungen nicht erfüllen. Die wenigen übrigen Pflegekräfte werden auf diese Weise noch häufiger krank werden. Immer mehr Personal verlässt unterdessen nicht nur dort die Krankenhäuser.

Einen Berufswechsel erwägen laut einer deutschlandweiten Umfrage der Berliner Alice-Salomon-Hochschule mittlerweile rund 40%. Immer mehr Pflegende fallen dauerhaft auf Grund von Burn-Out und Depression aus. Zusätzlich wird die Demografie der Pflege in Deutschland dafür sorgen, dass immer mehr Pflegende in Rente gehen. Auch kurzfristig ist ein Vorgehen wie in Niedersachsen massiv kontraproduktiv und wird dem Image der Pflege in Deutschland weiter schaden.

Um die Versorgung der Patient*innen sicherzustellen, ist die einzige Möglichkeit die Sperrung von Krankenhausbetten. Wo kein Personal ist, können keine Patient*innen versorgt werden. Mit einer konsequent durchsetzbaren Bettensperrung könnte wenigstens mit den übrigen offenen Betten eine adäquate Versorgung der Patient*innen gewährleistet werden.

Es ist höchste Zeit, dauerhaft wirkungsvolle Maßnahmen zu ergreifen, um die Situation der Pflege zu verbessern und eine krankenhäusliche Versorgung in Deutschland sicherzustellen.

Eine Verdoppelung der Gehälter und konsequent einzuhaltende Pflegepersonalschlüssel wären geeignete Maßnahmen, um dies zu erreichen. Lockerungen des Arbeitsschutzes und die fortschreitende Ausbeutung der Arbeitskräfte sind eindeutig kontraproduktiv.

P.S. Selbstverständlich ist der BochumerBund gegen eine Erhöhung der Arbeitszeit in allen Arbeitsbereichen der Pflege. Diese PM bezieht sich aber auf die neugeschaffene Möglichkeit der Ausweitung der Arbeitszeit in den Bereichen der KRITIS (s.u.)

https://www.ms.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/presseinformationen/wegen-erwarteter-personalausfalle-durch-omikron-207527.html

https://www.bsi.bund.de/DE/Themen/KRITIS-und-regulierte-Unternehmen/Kritische-Infrastrukturen/Sektorspezifische-Infos-fuer-KRITIS-Betreiber/Gesundheit/gesundheit_node.html

Pro und Contra: Kämpfen Pflegende genug?

BERUFSPOLITIK: Lokführer legen den Bahnverkehr still. Behörden machen Amtsstuben dicht.

Und Pflegende? Sind sie zu passiv? Für manche ist das der wahre Grund, dass sich seit Jahren nichts bewegt. Aber es gibt durchaus zukunftsweisende Aufbrüche in der Pflege.

Unser Contra ist erschienen
in der Zeitschrift Altenpflege 10/21, Vincentz Network, Hannover

https://www.vincentz-network.net/dl.php?fid=36cf901e-2ffa-11ec-8a2a-0050568f2241

Kommentar zur Bundesratsinitiative für die Gehaltsverdopplung Intensivpflege

10.12.2021

Schon lange ist eine echte Gehaltserhöhung für Pflegende überfällig. Dass die entsprechende Forderung von der bayrischen CSU kommt, zeigt einmal mehr wie groß die Not ist. Dringend muss der Anreiz für die noch verbleibenden Intensivpflegekräfte gesteigert werden, damit nicht noch mehr von ihnen ihren wichtigen Beruf aufgeben.

Die Gehaltserhöhung soll für Intensivpflegekräfte und PflegerInnen „mit vergleichbaren Belastungen“ zunächst für ein Jahr gelten. Dabei soll laut Landesregierung das Nettogehalt verdoppelt werden, wie „BR“ und „Spiegel“ berichten. Mit der Initiative unterbreitet die bayrische Landesregierung einen Vorschlag für einen Gesetzentwurf, über den dann im Bundestag zeitnah entschieden werden muss.

Neben der Gehaltserhöhung fordert die Initiative außerdem einen erneuten „Corona-Bonus“ für Pflegekräfte, der steuerfrei gezahlt werden soll.

Eine solche Entwicklung ist das, was die Pflege jetzt gebrauchen kann, so Niklas Kemper, Pressesprecher des BochumerBund.

Dennoch stößt die Befristung für ein Jahr genauso bitter auf, wie die schwammige Formulierung der „vergleichbaren Belastung“. Eine derartige Orientierung an der Marktlogik wird keine dauerhafte Verbesserung des Gesundheitswesens nach sich ziehen, sondern nur die Lücken stopfen, die die Pandemie gerade in die Teams der Stationen reißt.

Was es braucht, ist eine radikale Erhöhung aller Gehälter im gesamten Pflegebereich. (Kinder, Langzeit, Krankenhaus, Ambulant…)

Von der ungelernten ambulanten Pflegekraft, bis zu den Fachpflegerinnen und Fachpflegern im Intensivbereich auf Dauer. Das doppelte Nettogehalt, den die Initiative einbringt, ist dabei jedoch ein guter Richtwert.

Bericht von der Vollversammlung

Am 04.12.21 hielt der BochumerBund seine diesjährige digitale Vollversammlung ab.
Die drei wichtigsten Tagesordnungspunkte setzten sich aus der Nachwahl des Bundesvorstands, der Abstimmung über eine neue Satzung und eine thematische Schwerpunktsetzung für das Jahr 2022 zusammen.
Im Bundesvorstand wurden bei Nachwahlen 5 Positionen neu besetzt.

  1. Stellvertretende Bundesvorsitzende: Jana Gromzick, Pflegefachfrau, (31 Jahre, Saarbrücken)
  2. Finanzvorstand: Dirk Malskorn, Altenpfleger (48 Jahre, Oldenburg)
  3. Beisitzerin: Marianna Kazanzew, Gesundheits- und Krankenpflegerin (34, Merzenich)
  4. Beisitzer: Stefan Krotz, Gesundheits- und Krankenpfleger (46, Bonn )
  5. Beisitzer: Uwe Müller, Gesundheits- und Krankenpfleger (32, Wasserburg/Inn)

Die wohl wichtigste Entscheidung dieser Vollversammlung wurde im Rahmen der neuen Satzung getroffen. Eine Mehrheit der online Anwesenden sprach sich dafür aus, künftig auch ungelernte Pflegehilfskräfte als Mitglieder im BochumerBund organisieren zu wollen.
Ungelernte ArbeitnehmerInnen machen einen großen Teil in der stationären Langzeitversorgung aus und können somit jetzt auch auf die Unterstützung des BochumerBund als Pflegegewerkschaft bauen.

Die beiden Vorsitzenden Heide Schneider und Benjamin Jäger, ließen das Jahr 2021 Revue passieren, zogen ein Résumé und stellten die neuen Pläne für das kommende Jahr 2022 vor.

Als wichtige Weichenstellungen für 2022 soll die Gründung von Landes- und Regionalverbänden stehen, sowie eine solide Streikkasse. Außerdem soll ein massiver Mitgliederzuwachs im Fokus stehen, so die beiden Vorstandsvorsitzenden.

Die Vollversammlung hat ebenfalls über die thematischen Schwerpunkte der kommenden 12 Monate abgestimmt. Durch die Festlegung von 10 Positionspapieren wird der BochumerBund in Zukunft seine Themenschwerpunkte auf u.a. folgende Punkte legen:

  • Anstreben eines höheren Personalschlüssels (Nurse-Patient-Ratio) mit einer Mindest- statt Sollbesetzung
  • Pflege darf nicht weiter wirtschaftlichen Interessen untergeordnet werden
  • Wir brauchen einen bundesweiten Tarifvertrag für alle Pflegeberufe.

In diesem Sinne will der BochumetBund heute und in Zukunft gemeinsam, mit ALLEN KollegInnen der beruflichen Pflege, einen Weg gestalten, der Pflege als zukunftsorientiert, lebenswert, wertschätzend und langfristig werden lässt.

Wir sind entschlossen, mit Solidarität und Beharrlichkeit von vielen engagierten KollegInnen dieses Projekt zum Erfolg zu führen!

Offener Brief an die Politik

Offener Brief an die Mitglieder der Arbeitsgruppe Gesundheit und Pflege für die neue Bundesregierung

Sehr geehrte Mitglieder der Arbeitsgruppe Gesundheit und Pflege,

es ist höchste Zeit, in der Pflege- und Gesundheitspolitik etwas zu ändern – Sie haben es in der Hand.

Spätestens seit März 2020 ist es im Bewusstsein der Bevölkerung angekommen: Wir alle sind auf unser Gesundheitssystem angewiesen und die Berufsgruppe der Pflegenden ist ein ganz erheblicher Teil davon.
Die professionelle Pflege muss seit vielen Jahren extreme Sparmaßnahmen hinnehmen und hat dadurch einen erheblichen Imageschaden und Deprofessionalisierung erlitten.
Immer weniger Berufseinsteiger, immer mehr Fälle von Burnout und Cool-Out-Syndromen in unserer Berufsgruppe und eine steigende Zahl von professionell Pflegenden, die den Beruf verlassen, sind zu beobachten.
Die Berichte von Überlastung, inadäquater Behandlung und nicht mehr sicherzustellender Patientensicherheit sind inzwischen bis in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen.
Studien belegen diese Defizite klar und deutlich, sodass ein Handeln der Politik unumgänglich ist.


Wir, als Pflegegewerkschaft BochumerBund fordern deshalb eine grundlegende Reform der Finanzierung der Pflege.

Wir fordern eine Reform, die die Arbeitsbedingungen verbessert, die Löhne erhöht und den Beruf wieder attraktiv für junge Menschen macht.

Wir sind überzeugt, dass eine künftige Bundesregierung, die für Veränderung stehen möchte, diese Probleme angeht und fordern deshalb:

  • eine Reduktion der Regelarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich #Gibuns4Tausend
  • eine sofortige verpflichtende Umsetzung der Pflegepersonal Regelung PPR 2.0, um Mangelversorgung in den Einrichtungen zu verhindern
  • die vollständige sofortige Refinanzierung der Gehälter der Pflegenden ab dem 1. Tag
  • die Stimmberechtigung der Vertretung der Pflegenden im G-BA
  • das Verbot der Rendite auf Kosten der Pflegebedürftigen und der Sozialkassen
  • einen massiven Ausbau der Studienplätze für ein generalistisches Pflegestudium
  • die Einführung einer Frührente ohne Rentenabzug
  • die Anhebung des Pflegemindestlohns auf mindestens 17 Euro
  • eine kostenfreie Nutzung des ÖPNV und Fernverkehrs

Ein solches Maßnahmenpaket könnte eine erste eindeutige Botschaft an diejenigen senden, die kürzlich aus der Pflege ausgestiegen sind.

Eine konsequente Umsetzung würde zusätzlich den Beruf für SchulabgängerInnen wieder attraktiv machen.
Außerdem wäre es ein deutliches Signal der Wertschätzung der Arbeit der Pflegenden während der Corona-Pandemie und in Zukunft.
Nur mit klaren Verbesserungen, die jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter im Alltag nutzen und eine gute Pflege sicherstellen, kann ein stabiles Gesundheitssystem gewährleistet werden.

Zeigen Sie uns, dass ihre Versprechen nicht nur leere Worthülsen sind!
https://www.bochumerbund.de/bochumerbund-offener-brief-arbeitsgruppe-gesundheit-und-pflege-4/

P.S. auch wir können uns der Forderung eines Einstiegsgehalts von 4000€ für dreijährig Ausgebildete anschließen.

Aber das ist nichts, was die Politik ändern kann – das müssen wir Pflegekräfte selbst einfordern und erstreiten!

Podcast Pflege: Vielfalt, Verantwortung, Vision!

„Wir riskieren wirklich die Gesundheit der Bevölkerung“, sagt Prof. Dr. Stefan Görres am Public Health Institut der Uni Bremen in der aktuellen Episode über Pflege.
Dass Pflege ALLE Menschen betrifft und dringend politisches Handeln geboten ist, bestätigt auch Jürgen Drebes vom Bochumer Bund. Spätestens seit der Corona-Pandemie wissen die meisten Menschen, dass Pflege systemrelevant ist und wir ohne Fürsorge nicht leben können.
Mit meinen beiden Gästen spreche ich über die Situation der Pflege in Deutschland: Welche aktuellen Entwicklungen es gibt, warum viele Hürden seit Jahrzehnten bestehen und welche politischen Forderungen wesentlich sind. Dabei wagen wir einen Ausblick aus dem aktuellen Eindruck.
Pflege geht ALLE etwas an, jetzt und hier!

Das Gespräch wurde digital aufgezeichnet.

Lohnerhöhung – wenn nicht jetzt, wann dann?!

Der BochumerBund fordert die Politik dazu auf, sich nicht mehr mit „Kleinlösungen“ zu befassen, sondern das Gesundheitswesen neu zu denken und Pflegende stärker in den Fokus zu rücken.

Statt immer weiterer Worthülsen lieber bessere Arbeitsbedingungen

BOCHUM. Für die Pflegegewerkschaft BochumerBund ist auch nach der Ablehnung durch die Caritas ein allgemeingültiger Tarifvertrag für die Pflege noch nicht vom Tisch. „Es geht weiterhin darum, in unserer Branche neben den Löhnen auch die Arbeitsbedingungen zu verbessern“, unterstreicht Selma Möllenbeck, Beisitzerin im Vorstand der Pflegegewerkschaft. „Dazu zählen für uns beispielsweise planbare Arbeits- und Ruhezeiten.“ Die Altenpflegerin fordert daher endlich Taten: „Wir professionell Pflegenden sind schließlich nicht erst seit einem Jahr systemrelevant!“

Die Berufsgruppe habe sich in den vergangenen Jahrzehnten genug Worthülsen angehört: „Statt immer weiterer leerer Versprechungen gilt es, die katastrophalen Bedingungen von uns beruflich Pflegenden deutlich zu verbessern.“ Hier allerdings hat die Politik, ihrer Meinung nach, insbesondere in der Pandemie kaum positive Impulse gesetzt – ganz im Gegenteil. „Daher sollten vor allem in diesem Bundestagswahljahr 2021 alle beruflich Pflegenden die Gelegenheit wahrnehmen, die Wahlprogramme der Parteien mit der Realität abzugleichen und hieraus an der Wahlurne Schlüsse zu ziehen“, so ihr Appell.

Aber das allein reiche nicht, unterstreicht die Gewerkschafterin: „Wir Pflegekräfte müssen ein Resümee ziehen und diskutieren, wie es in der Pflege weitergehen soll.“ Es sei an der Zeit, die Weichen für die Zukunft zu stellen: „Alle Pflegenden müssen sich für die Etablierung besserer Arbeitsbedingungen einsetzen. Denn nur in einem förderlichen Arbeitsumfeld können wir eine hohe Pflegequalität zugunsten der uns anvertrauten Menschen sicherstellen.“

BochumerBund-Beisitzerin Selma Möllenbeck bedauert, dass ein allgemeingültiger Tarifvertrag auf den letzten Metern an der Caritas gescheitert ist. Allerdings hält sie deren Befürchtung, dass die Kostenträger in Pflegesatzverhandlungen nur noch den allgemeinverbindlichen Tarifvertrag und keine höhere Entlohnung mehr anerkennen würden, für nicht unbegründet: „Eine Reform des gesamten Finanzierungssystems in der Pflege hat nur Sinn, wenn sie auch die notwendige finanzielle Wertschätzung unserer gesellschaftlich wichtigen Arbeit umfasst.“ Aber das allein reiche nicht: „Wir brauchen neben einer Reform der Pflegeversicherung einen vollumfassenden Vertrag, der speziell die Bedürfnisse der beruflich Pflegenden in den Mittelpunkt stellt.“

Caritas argumentiert bei Ablehnung von Flächentarifvertrag fadenscheinig

BOCHUM. Die Pflegegewerkschaft BochumerBund (BB) bedauert das Aus für einen Flächentarifvertrag in der Altenpflege. „Mit ihrer Ablehnung hat die Caritas der Pflege großen Schaden zugefügt“, so Benjamin Jäger, Vorstandsvorsitzender des BochumerBundes. „Eine große Chance für die Beschäftigten in der Altenpflege wurde vertan.“ Somit sind die Gewerkschaften weiterhin gezwungen, für jeden einzelnen Träger einen entsprechenden Vertrag abzuschließen.

Auch die BB-Vorstandsvorsitzende Heide Schneider kann die Argumentation des katholischen Wohlfahrtsverbands nicht nachvollziehen: „Die Vorteile eines Flächentarifvertrags überwiegen einzelne bzw. behauptete Nachteile deutlich. Denn nichts spricht dagegen, als Arbeitgebende über tariflich vereinbarte Regelungen hinauszugehen, sodass niemandem Nachteile entstehen.“ Zudem hätte über einzelne von der Caritas vorgebrachte Kritikpunkte bei einem Nachfolgevertrag verhandelt werden können. „Die Argumentation des Wohlfahrtsverbands ist also mehr als fadenscheinig“, findet sie.

Benjamin Jäger verweist auf weitere Nachteile der Caritas-Entscheidung: „Ebenfalls sehr ärgerlich ist aus gewerkschaftlicher Sicht, dass das kirchliche Arbeitsrecht damit zementiert wird.“ So blieben die Rechte der Arbeitnehmenden bei der Caritas und der Diakonie teilweise ausgehebelt. Streiks beispielsweise sind nach wie vor unzulässig: „Das ist absolut anachronistisch. Wir müssen also weiterhin dafür beten, dass die Kirchen arbeitsrechtlich endlich im 21. Jahrhundert ankommen.“

Da es aufgrund der Caritas-Entscheidung keinen Flächentarifvertrag in der Altenpflege geben wird, will der BochumerBund sein Tarifkonzept in möglichst vielen Betrieben durchsetzen. Dieses Konzept beinhaltet u. a. ein Einstiegsgehalt von 3.500 Euro brutto sowie ein attraktives System an Zuschlägen. „Um das von uns geforderte Einstiegsgehalt überhaupt zu erreichen, müssten Pflegekräfte laut Caritas-Tarif dort 15 Jahre beschäftigt sein“, rechnet Benjamin Jäger vor. Mit einem Stundenlohn von mehr als 20 Euro, wie es das BB-Tarifkonzept vorsieht, sei vor allem auch eine gute Rente möglich: „Zur Suppenküche muss damit im Alter niemand.“

Die Pflegegewerkschaft will nun vor dem Hintergrund dieser Entwicklung schwerpunktmäßig die Pflegenden in der ambulanten sowie in der Altenpflege für eine Mitgliedschaft gewinnen. „Spätestens jetzt mit dem Scheitern des Flächentarifvertrags sollten die Kolleginnen und Kollegen erkennen, wie wichtig es ist, sich in einer Gewerkschaft zu organisieren“, so Heide Schneider. „Wir Pflegenden müssen gemeinsam darum kämpfen, dass wir doch noch einen Flächentarifvertrag bekommen – und damit mehr Geld und vor allem mehr Rechte und bessere Arbeitsbedingungen, als uns insbesondere die privaten und kirchlichen Arbeitgebenden zugestehen wollen.“

Altenpflegende geben alles, Arbeitgebende nehmen letzte Hoffnung

BOCHUM. Der Arbeitgeberverband Pflege (AGVP) will die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di gerichtlich für tarifunfähig erklären lassen. Damit dürfte der Plan von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hinfällig sein, einen mit Arbeitgeberinnen und -gebern aus der Wohlfahrtspflege ausgehandelten Vertrag für allgemeingültig zu erklären. Sollte es so weit kommen, wäre den Altenpflegenden die Aussicht auf einen baldigen Tarifvertrag für alle genommen. Darauf weist die Pflegegewerkschaft BochumerBund hin.
Damit nutzt der Arbeitgeberverband Pflege (AGVP) angesichts der schwachen Position der Pflegenden seine starke Stellung gegen die Berufsgruppe aus.
Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) Steffen Kampeter greift derweil Hubertus Heil an. Sein Vorpreschen würde gegen die in Deutschland geltende Tarifautonomie verstoßen. So bläst Steffen Kampeter in dasselbe Horn wie der AGVP und will sich anscheinend ebenfalls die schwache gewerkschaftliche Vertretung in der Altenpflege zu Nutze machen.

Heide Schneider, Vorstandsvorsitzende des BochumerBund, stellt sich nach den Äußerungen von Kampeter dieselbe Frage wie Hubertus Heil sie schon per Twitter in Richtung BDA geschickt hat: “Wollen Sie bessere Löhne und Arbeitsbedingungen in der Altenpflege oder nicht?”

Speziell in der Altenpflege organisieren sich besonders wenige Kolleginnen und Kollegen gewerkschaftlich; insgesamt haben sich lediglich rund fünf Prozent aller Pflegenden in Gewerkschaften zusammengeschlossen. Dieser verheerende Organisationsgrad bietet Arbeitgeberverbänden wie dem AGVP viele Möglichkeiten, gegen die Interessen von Pflegenden zu handeln bzw. zu agitieren. Nur eine starke Gewerkschaft aber kann sich schützend vor die Berufsgruppe stellen, Tarifverträge für möglichst viele Pflegende abschließen und ihnen rechtlichen Beistand gewähren.

Die Gründe für die Nicht-Organisation in Gewerkschaften sind vielschichtig. Sie begründen sich nicht zuletzt in der nach wie vor andauernden Deprofessionalisierung der Pflege. Als Beginn für diese katastrophale Entwicklung kann die Trennung in Grund- und Behandlungspflege genannt werden. Diese Abwertung zieht sich wie ein roter Faden auch durch das Denken vieler Politikerinnen und Politiker nach dem Motto: „Pflege kann jeder“. „Dieses Denken hat zu einer Vielzahl sogenannter Pflegereformen geführt, die gefühlt nur den einen Sinn hatten: Pflege muss billig sein!“, so Heide Schneider.

Dabei leisten die Altenpflegerinnen und -pfleger Unglaubliches – wobei ihre Leistungen in vielen Fällen weder anerkannt noch wertgeschätzt werden. Sie begleiten Bewohnerinnen und Bewohner über viele Jahre und kennen diese oft besser als die eigenen Angehörigen. Sie beraten und unterstützen bei der Bewältigung der Folgen von Krankheit oder Alter, verhindern Bettlägerigkeit und aktivieren die Seniorinnen und Senioren. „Altenpflegende sind die primären Bezugspersonen für „ihre“ Bewohnerinnen und Bewohner“, so der Altenpfleger Florian Geske, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Pflegegewerkschaft. „Wir Altenpflegende müssen stolz sein auf unseren Beruf und uns mit ihm zu 100 Prozent identifizieren können. Aber die Gesellschaft weiß unsere anstrengende und fachlich anspruchsvolle Arbeit oft nicht zu schätzen.“

„Die anspruchsvolle dreijährige Ausbildung in der Altenpflege vermittelt ein umfassendes Wissen, das dem von Gesundheits- und Krankenpflegenden in Nichts nachsteht“, betont auch Heide Schneider. Dies wäre mit der generalistischen Ausbildung, wie sie ursprünglich gedacht war, endlich zum Ausdruck gekommen. „Nur wird das im medizinzentrierten deutschen Gesundheitswesen aktuell weder gesehen noch gewürdigt“, bedauert Florian Geske. „Dabei sind wir Pflegekräfte selbst fähig, Gesundheit zu erhalten. Und wir sind es, die Veränderungen in der Gesundheit der uns anvertrauten Bewohnerinnen und Bewohner erkennen und Maßnahmen ergreifen. Denn wir Pflegende sind viel näher dran an ihnen als jede Ärztin oder jeder Arzt.“

Schichtarbeit, unplanbare Arbeitszeiten, unzureichende Erholungs- und Regenerationszeiten, Termin- und Leistungsdruck sowie ständige Unterbrechungen machen den Beruf zunehmend unattraktiv. „Diese Kombination aus mangelnder Anerkennung und Unterstützung und schlechten Arbeitsbedingungen führen dazu, dass schon seit Jahren freie Stellen in der Altenpflege kaum noch besetzt werden können“, unterstreicht Heide Schneider.

Der BochumerBund hat bereits viele Mitglieder aus der Altenpflege gewonnen. „Wir als Pflegegewerkschaft haben uns insbesondere die Arbeitsbedingungen in der Altenpflege und in der ambulanten Pflege groß auf die Agenda geschrieben. Hier besteht großer Handlungsbedarf, denn wir wissen, was die Kolleginnen und Kollegen täglich leisten“, so der Altenpfleger und Vorstandsmitglied Florian Geske.

Pflegegewerkschaft BochumerBund fordert eigenen Pflegetisch bei TVöD-Verhandlungen

BOCHUM. Bei den TVöD-Verhandlungen muss ein eigener Pflegetisch eingerichtet werden. Das fordert die Pflegegewerkschaft BochumerBund (BB). „Dabei ist ein gesonderter Flächentarifvertrag für alle professionell Pflegenden anzustreben“, so Hubert Biniak, Vorsitzender der BB-Tarifkommission.

„Die Belange unserer Berufsgruppe dürfen nicht weiterhin mit denen anderer Berufsgruppen im Gesundheitswesen in einen Topf geschmissen werden, wie es ver.di tut“, unterstreicht Biniak die BB-Position. „Ohne jeden Zweifel leisten auch die Kolleginnen und Kollegen im Rettungsdienst oder im öffentlichen Gesundheitsdienst harte Arbeit. Aber die Rahmen- und Arbeitsbedingungen sind nicht miteinander vergleichbar.“

Nicht zuletzt aus diesem Grund sei es überfällig, dass die Pflegenden bei den Verhandlungen endlich in den Fokus rücken: „Wir erwarten substanzielle Verbesserungen für unsere Berufsgruppe. Darauf haben wir Pflegekräfte schon viel zu lange gewartet.“ Erst vor kurzem hatte der BochumerBund sein Tarifkonzept vorgestellt. Zu dessen Merkmalen gehören u. a. ein Einstiegsgehalt von 3.500 Euro sowie ein attraktives Zulagensystem.

Allerdings darf nach Ansicht der Pflegegewerkschaft bei den TVöD-Verhandlungen nicht ausschließlich über ein deutliches Plus bei Entlohnung und Zulagen gesprochen werden. Der BochumerBund verweist auf die immense Bedeutung nicht-monetärer Wertschätzung für pflegerische Arbeit, die nicht nur in vielen Einrichtungen vernachlässigt wird.

„Wir erhalten immer wieder Rückmeldungen von Mitgliedern, die eine ehrliche Anerkennung ihrer Leistungen vermissen“, berichtet der BB-Vorstandsvorsitzende Benjamin Jäger. „Sonntagsreden mit kaum noch zu ertragender Heuchelei haben wir uns lange genug angehört.“ Die Zeit sei reif dafür, die oftmals katastrophalen Arbeits- und Hygienebedingungen endlich zu verbessern. Der BB-Vorsitzende sieht besonders die öffentlichen Arbeitgeberinnen und -geber in der Pflege gefordert, als Vorbilder zu dienen und den Beruf attraktiver zu gestalten.

Flächentarifvertrag für alle Pflegenden/Neues Tarifkonzept

BOCHUM. Die Pflegegewerkschaft BochumerBund (BB) fordert vor dem Hintergrund der aktuellen Tarifrunde für den öffentlichen Dienst branchenbezogene Flächentarife für alle professionell Pflegenden. “Nur so werden Pflegende auch über den Geltungsbereich des TVöD hinaus fair bezahlt und haben eine Chance auf bessere Arbeitsbedingungen”, unterstreicht Hubert Biniak, Vorsitzender der BB-Tarifkommission. „Daher sollten auch private Träger ihrer Verantwortung gegenüber denen gerecht werden, die die Pflegebedürftigen versorgen, und mit dem BochumerBund branchenweite Flächentarife einführen.”

Hierzu hat der BochumerBund ein neues Tarifkonzept entwickelt. Biniak: „Pflege kann nicht jeder – und genau das muss sich auch in einem Tarifvertrag widerspiegeln.” Die Pflegegewerkschaft setzt sich daher zum einen für ein Grundgehalt von 3.500 € ein. „Zum anderen müssen die tatsächlichen Belastungen der Schichtarbeit gerecht abgebildet werden“, so der Vorsitzende der BB-Tarifkommission. Hierbei geht es vor allem um einen fairen Ausgleich gesundheitlicher Risiken und privater Entbehrungen in Form entsprechender Zulagen. Weil Schichtarbeit bislang aber unattraktiv ist, reduzieren immer mehr professionell Pflegende ihre Arbeitszeit und entziehen sich damit dem Schichtsystem vollends. Hubert Biniak unterstreicht: „Hier hilft nur eines: Schichtarbeit in der Pflege muss sich wieder lohnen. Und genau diesem Ziel dient unser Konzept.“

Als weiteren Ansatz zur Lösung der Probleme in der Pflege sieht Biniak einen höheren Personalschlüssel. Hierfür aber müsse zunächst die Arbeit attraktiver gestaltet werden: “Neben einer lukrativeren Vergütung sind bessere Bedingungen sowie die Einstellung von mehr neuen Pflegenden unabdingbar.” Nur so könnten die Arbeitgeberinnen und -geber der fortschreitenden Flucht aus dem Pflegeberuf (“Pflexit”) und der zunehmenden Ökonomisierung des Gesundheitswesens entgegenwirken. “Bislang aber führen Einsparungen in der Pflege dazu, dass sich die Gewinne privater Gesundheitskonzerne erhöhen”, kritisiert Hubert Biniak.

Die überwiegende Zahl der beruflich Pflegenden wird von den Ergebnissen der aktuell stattfindenden Tarifverhandlungen nicht profitieren. Insgesamt sind ca. 4,9 Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst tätig. Davon arbeiten lediglich rund 142.000 Beschäftigte in öffentlichen – beispielsweise kommunalen – Gesundheitseinrichtungen. Geht man von ca. 1,7 Millionen erwerbstätigen Pflegekräften insgesamt aus, werden mehr als 1,5 Millionen professionell Pflegende in den aktuellen Tarifverhandlungen nicht bedacht. „Diese große Mehrheit muss aber auch endlich von einem Tarifvertrag profitieren”, fordert der Vorsitzende der BB-Tarifkommission. „Den Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst kommt hierbei eine Vorreiterrolle zu. Wir wünschen ihnen daher erfolgreiche Verhandlungen.“

Dabei stehen die Beschäftigten im öffentlichen Dienst in dieser Tarifrunde allerdings vor einigen Herausforderungen: Die kommunalen Tarifpartner wünschen sich aufgrund der pandemiebedingten finanziellen Probleme eine Nullrunde. „Das mag zwar volkswirtschaftlich nachvollziehbar sein”, räumt Biniak ein. „Jedoch würden durch eine Nullrunde wieder einmal diejenigen enttäuscht, die während der Corona-Pandemie die Gesellschaft vor dem Kollaps bewahren und täglich in der ambulanten und stationären Langzeitpflege sowie in den Krankenhäusern ihre Gesundheit riskieren.” Eine globale Pandemie sollte jedoch nicht der Auslöser für weniger Wertschätzung gegenüber professionell Pflegenden sein – ganz im Gegenteil: „Sie sollte als Impuls für mehr Wertschätzung, eine bessere Vergütung und bessere Arbeitsbedingungen dienen.”